Kurze Inhaltsangabe

 

Seite 1-6         historische Entwicklung von Stift Ardagger

Seite 6-12       Beschreibung des Pöntaiding (§31 der Statuten von 1357) [siehe Ferdinand Adl in alte Weistümer]

Seite 12-16b   historisches Entstehung des Schulwesens

Seite 16b-19   chronologische Auflistung der Chorleiter

Seite ab 19      die Schule / Lehrer und den Ort bezogen

 

Wie ich zu diesem Scriptum gekommen bin? Zum 90. Geburtstag von Dir. Erwin Pröll wollte ich einen Beitrag im Pfarrblatt zusammenstellen, da dieser auch lange Jahre als Chorleiter tätig war. So ging ich zum jetzigen Schuldirektor, ob es eine Chronik gibt und neben der von Pröll geführten Chronik zeigte mir dieser die hier vorliegende Abschrift, aber das wird ja eh niemand interessieren. Erst beim studieren selbigem wurde mir die Einzigartigkeit dieses Textes klar. Ich habe bis damals noch nirgends sonst genaueres über das "Banntaiding" gelesen.

 

SCHULCHRONIK

von Stift Ardagger nebst einem kurzen localgeschichtlichen Überblick

(Abschrift aus der Schulchronik, von dem zweiten Lehrer
Karl Diemberger im Jahre 1879 nach der von Maria There-
sia eingeführten allgemeinen Schulpflicht, in Kurrent-
schrift mit der damaligen Rechtschreibung für die Nach-
welt überliefert) EP

Kurzer, lokalgeschichtlicher Überblick von Stift Ardagger

Wenn wir dem Alter von Ardagger nachforschen, so werden wir
auf römischen Ursprung zurückgeführt, denn der Name wird
hergeleitet von dem lateinischen: arduus agger (harter Acker),
Die Römer hatten, wie bekannt, in Österreich an der südlichen
Seite der Donau zahlreiche Befestigungen. Hier wollen wir
nur derjenigen erwähnen, die sich in unserer Nähe befanden,
nämlich in Wallsee, Mauer, Ybbs, etc. Auch in Ardagger befand
sich ein römisches Castell, welches durch eine Straße mit
Ypps (ad pontem Ises) in Verbindung stand. Sogar ein einzelnes
Haus zwischen Wallsee und Ardagger hat sich bis heute noch den
lateinischen Namen Salvater (salva terra) erhalten. Aber
Ardagger besteht aus zwei Örtlichkeiten, aus Markt und dem
jetzigen Stift. Dieses letztere war vor der Gründung des
Chorherrnstiftes ein einfaches Landgut, und wie aus dem
gleichen Namen zu schließen ist, mit dem Ardagger an der
Donau gleichen Ursprungs und Alters, und vielleicht in einer
gewissen Zusammengehörigkeit mit demselben. Als das römische
Reich in Verfall gerieth und die militärischen Befestigungen
gegen die Angriffe der Feinde nicht mehr gehalten werden
konnten, zogen sich die Römer in ihre Heimat zurück.
Die Völker wanderten und wogten nun durcheinander, und die
Geschichtsbücher erzählen nur von Verwüstungen.
Unter den Völkern, die von Osten her kamen, gehörten die
Hunen unter Attila zu den wildesten und grausamsten. Dann
folgten die Avaren, die wie Raubthiere ihre Beute in große
Ringe zusammenschleppten, bis endlich Karl der Große diese
asiatischen Unholde besiegte, und die verödeten und verlassenen
Gegenden mit deutschen Ansiedlern bevölkerte. Gleichzeitig
oder vielleicht auch schon vor den Avaren

(Seitenumbruch Version 1)

-2-

scheinen auch einzelne slawische Niederlassungen in un-
serer Umgebung gewesen zu
sein, da man an manchen Ortsanamen noch slawischen Ursprung
zu erkennen glaubt, z.B. Kollmitzberg.
Einen großen Theil der den Avaren abgenommenen Eroberungen
schenkte Karl der Große dem Hochstifte Passau, Sein Sohn
Ludwig der Fromme bestätigte diese Schenkung in einer Urkunde
vom Jahre 823, worin folgende Orte namhaft gemacht werden:

(Seitenumbruch Version 2)

" In provincia Averorum quendam locum qui vocatur

Lithae et in terra Hunnorum Zisenmurum, Trasmar,

Wachowa, Pielagum Nardinum, Roede, Aspach

Wolfeswani, Erlapha, Birstligum, Tullana, Triebensee, et

in Ardagrum basilicas duas, et in Saxina basilicas duas,

et totidem in Fabiana."

Aus dieser Urkunde ersehen wir, daß Ardagger durch alle
die Stürme hindurch nicht nur am Leben geblieben war, son-
dern schon zwei Kirchen hatte. Aber nochmals kam von Osten
her ein Nomadenvolk, das sich allmählich der Donau entlang
heraufbewegte und gleich seinen Vorgängern raubend und mor-
dend unsere schönen Gefilde durchstreifte, Es waren das un-
sere dualistischen Brüder, die Magyaren, denen nur nach
ihrer, gänzlichen Niederlage am Lärchenfelde und nach hefti-
gen Kämpfen das Gebiet wieder abgerungen wurde, welches
sie schon fast bis zur Enns schon ihr eigen nannten. Schritt
für Schritt mußten sie den tapferen Babenbergern weichen,
bis an die Grenzen, die sie noch jetzt von uns trennen.

Aber auch dann noch, als die Magyaren durch ihren König
Stefan
dem Christenthum und zur Gründung eines Staatswesens
gebracht waren, gab es keinen dauernden Frieden mit ihnen,
schon der erste Nachfolger des ungarischen Königs Stefan
dessen Schwestersohn Peter, suchte beim deutschen Kaiser
Heinrich III.
Schutz und Hilfe gegen seine Gegner, die
sich um einen Gegenkönig Aba oder Pro gescharrt hatten,
Kaiser Heinrich
unternahm 1042 und 1043 siegreiche Feld-
züge gegen die Ungarn, und setzte seinen Schützling wieder

-3-

ein, der nun die Lehensherrlichkeit des deutschen Kaisers an-
erkennen mußte. Allein der Gegenkönig Aba rüstete 1044 zu
einem neuen Kriegszuge gegen die Deutschen, und unterhielt
in Baiern Späher. Es hatten sich zwei Brüder des Bischofs
Nitker von Freising
mit den Ungarn in verräterische Ver-
bindungen eingelassen. Jedoch der Kaiser zog schnell ein
Heer zusammen und schlug die Ungarn bei Raab im Juli 1044.

Der König Aba wurde auf der Flucht eingeholt und Peter
ließ ihn enthaupten. Aber schon im folgenden Jahre erschien
Peter wieder schutzflehend beim Kaiser. Es erfolgte ein
neuer Feldzug. Der Kaiser fuhr von Regensburg zu Schiffe
hinab, wo beim Donauwirbel dem Bischofe Brun von Würzburg
sein nahes Ende verkündet wurde, welches auch in Persen-
beug beim Einsturz des Speisesaales erfolgte.

Dieser Begebenheit wird hier erwähnt, weil die Gründung
des Chorherronstiftes mit ihnen in Verbindung steht.

Um dieselbe Zeit hatte nämlich das Gut Ardagger zwei Be-
Sitzer, Udalrich und Asonir. Die am 7. Jänner 1049 ausgefer-
tigte Stiftungstungsurkunde, zu Ebersberg in Baiern, sagt, dass
der Kaiser dieses Gut, welches "jure gentium" (völkerrecht-
lich) dem Fiskus anheimgefallen sei, auf Intervention der
Kaiserin Agnes dem Stifte Freising unter Bischof Nitker
übergebe mit der Verpflichtung, darauf ein Collegiat-Stift
zu errichten.

Aus welchem Anlasse das Gut confisziert wurde, ist zwar
nicht näher angedeutet, aber es liegt die Vermuthung nahe,
daß diese zwei Besitzer von Ardagger vielleicht in die
verräterischen Verbindungen der Brüder Nitkers verflochten,
wo nicht gar identisch waren. Der Bischof Nitker von Freising
scheint am kaiserlichen Hofe eine "persona grata" gewesen
zu sein, denn die Stiftungsurkunde nennt ihn: "nostri fidelis
et dilecti Nikeri Frisjngensis Episcopi"
.

Vielleicht war es auch Nitkers Einfluß auf die Kaiserin,
daß sich dieselbe für die Errichtung des Chorherrenstiftes
verwendete. Die Localsage erzählt über die Gründung des
Stiftes folgendes:

Kaiser Heinrich Ill. habe sich hier, von seiner Gemahlin be-
gleitet, auf der Jagd befunden, Da wurde sie plötzlich im
tiefen Forste von Geburtswehen überrascht und gelobte in

 

-4-

dieser hilflosen Lage, anstatt der einsamen Waldkapelle,
die da stand (vielleicht die zweite Kirche von Ardaggger?)
eine Kirche zu Ehren der Sct. Margarithae samt einem Klo-
ster zu stiften, wenn die angstvolle Stunde glücklich
vorüber gehe. Ihr Gebet wurde erhört und die Prinzessin,
die unter so bedrohlichen Umständen das Licht der Welt
erblickte, erhielt den Namen Margarita.

Kaiser Heinrich hatte sich im Jahre 1043 mit Agnes,
einer Tochter Wilhelms von Aquitanien vermählt. Sie ge-
bar ihm im Herbst 1045 die erste, - im Frühling 1047 die
zweite, - und im Oktober 1048 die dritte Tochter. Der Prinz
Heinrich
erblickte erst 1050 das Licht der Welt. Der Anlaß
zu dieser Sage dürfte also in Geburt der dritten Prinzessin
zu suchen sein. Der Kaiser hielt sich zur selben Zeit in
Freising und Regensburg auf.

In der Stiftungsurkunde werden die Grenzen des Stiftes
Bestimmt, wie folgt: Von Hollestett bis Sambach, on Sambach
bis Teufenbach, was im Allgemeinen dem Flächenraume der
drei Pfarren: Kollmitzberg, Stift und Markt Ardagger mit
Einbeziehung von Edhof, Hitzing und der Grub bei Hauers-
dorf entspricht (das Bächlein unter Hauersdorf bildete die
Grenze. Das Stift wurde für 12 Chorherren eingerichtet
und die Einweihung der Kirche erfolgte im Jahre 1063.

Nach einer noch vorhandenen alten Urkunde soll die Einweih-
ung der Kirche den 4. September 1066 in ganz außerordent-
licher feierlicher Weise von Anno, Erzbischof von Köln in
Beisein des Erzbischofes Adalbert von Bremen, des Erz-
bischofes Siegfried von Mainz
, des Bischofes Ellenhard
von Freising
und vierundzwanzig anderer vorgenommen wor-
den sein.

Allein sowie hier das Jahr 1066 unrichtig angegeben ist,
so muß auch die Angabe von der Einweihung durch Anno von
Köln
in Zweifel gezogen werden.

Vielleicht erfolgte die Einweihung bei Gelegenheit des
Kriegszuges Heinrich IV. gegen die Ungarn im September
1063, durch Adalbert von Bremen, der den jungen Heinrich
begleitete, aber Anno von Köln war damals nicht dabei.

Die ersten drei Pröpste; Rupertus (1050), Johannes (1080)
und Petrus (1124) sind ebenfalls mehr sagenhaft, wenigstens
sind sie urkundlich nicht constatiert. Das Stift scheint
sich in den ersten zwei Jahrhunderten seines Bestehens

 

-5-

in sehr günstigen Verhältnissen befunden zu haben und
hatte einen grossen Jahrmarkt, der Wochen und Monate lang
andauerte. Der erste Bau der Kirche ist, nach einigen noch
davon herstammenden Resten zu schließen, im Rundbogenstil
ausgeführt worden. Ihre jetzige Gestalt im Großen und Gan-
zen verdankt sie aber einem Neu- oder Umbau, der, wie aus
verschiedenen Umständen und Beobachtungen zu urteilen, ist,
unter Propst Heinrich l. um 1226 bis 1240 geschehen sein
muß. Das herrliche Glasgemälde im Hochaltarfenster stellt
im untersten Bilde einen Propst dar, der eine Kirche in
der Form einer Basilika mit hohem Mittelschiffe und zwei
niederen Seitenschiffen auf den Händen trägt. Das Bildnis
die Unterschrift: Haec pro structura peccata Deus
mea cura Heinricus tum praepositus
, und bezeichnet somit
diesen Propst als den Erbauer der Kirche. Nun stand aber
dem Stifte ein Propst Namens Heinrich(l) von 1225 bis
1240 - und nach ihm erst wieder um 1450 ein Propst glei-
chen Namens vor. Von einem dieser beiden Pröpste muß also
der Neu- oder Umbau der Kirche, sowie das Glasgemälde
stammen.

Für den ersten Heinrich sprechen nun folgende nicht un-
erhebliche Gründe:
Im Jahre 1410 hat der Chorherr Paul von Mautern die Drei
königskapelle im Kreuzgang aufgehoben und neugebaut, wie
es in der Originalurkunde heißt. Diesem Wortlaute nach muß
also der Kreuzgang samt der Kapelle schon ziemlich lange
gestanden sein, weil die Kapelle (wahrscheinlich wegen Bau-
fälligkeit) erneuert werden mußte. Aber auch die Kirche muß
vor dem Anbaue des Kreuzganges schon ihre jetzige Gestalt
gehabt haben, was daraus hervorgeht, weil die vier Spitz-
bogenfenster (nicht Rundbogen) im nördlichen Seitenschiffe
wegen des Anbaues des Kreuzganges vermauert, und durch das
Kreuzgangdach verdeckt wurden, und weil ein großer Strebe-
pfleiler, der an der Kirchenmauer stand, dort weggenommen
und um die Kreuzgangweite davon weggesetzt wurde, wo er
noch im Kreuzganghofe in sehr verstümmellten Zustande zu

 

-6-

sehen ist. Diese facta weisen darauf hin, daß der Kreuz-
gang eine geraume Zeit vor 1410 errichtet worden sein, daß
aber bei seinem Anbaue die Kirche auch schon ihre jetzige
Gestalt haben mußte, folglich nicht unter dem zweiten Probst
Heinrich
1450, sondern unter dem ersten Heinrich 1226-1240
ihre Erneuerung erhalten haben muß.

Aus dem alten Baue wurde die Krypta unverändert beibehal-
ten, ferner die Hochaltarnische mit den drei schmalen und
hohen Rundbogenfenstern, deren mittleres durch das Glasge-
mälde geschmückt ist, und wahrscheinlich auch die Kirchen-
thür an der Kirchensüdseite, deren Formen mit der Kryp-
ta übereinstimmen. Bald jedoch wurde das Stift schwer ge-
schädigt, indem 1250 baierische Kriegsvölker hier hausten,
wobai (wie das Kapitel sich später beklagt) viele wert-
volle Urkunden zu Grunde und verloren gingen. Jahr- und Wo-
chenmarkt kamen in Verfall, Güter wurden entfremdet und
die Zahl der Canoniker schmolz zusammen (es war eben die Kai-
serlose, schreckliche Zeit) bis es durch einige bedeutende
Vermächtnisse, wie das des Heinrich von St. Petronell (1267)
und des Ulrich von Lusnik (1302-1315) sich wieder erholte.

Es scheinen langwierige Streitigkeiten zwischen Propst
und Kapitel vorausgegangen zu sein, ehe der Propst von
Schaumberg 1336 Statuten zu Stande brachte
, nach denen das
kanonische Leben künftig gehalten werden sollte. Sie enthal-
ten 39 §, und geben Einblick in die Organisation des Stif-
tes.

Der Propst stand an der Spitze des Capitels und mußte die
Statuten beschwören, besaß zwei Pfründen und halbe und andere
Chorfälle, der Cellarius hatte die Wirtschaft, der Custos
den Kirchendienst, der Scholasticus die Schule zu leiten.

Außer den anwesenden Chorherrn, welche den Kirchendienst
besorgen ließen, gab es auch auswärtige Chorherrn auf ver-
verschiedenen Pfarren, welche nur eine halbe Pfründe zu
genießen hatten.

In dem 31 § der Statuten wird verordnet, daß alljährlich

der Pöntaidung abgehalten werden sollte. Dieser Pöntaidung

war in einem alten Urbarium des Stiftes, welches bis unge-

fähr 1468 reichte enthalten, und lautete:

Nota: sind die Gewohnheiten und Rechten des Gottes-
haus zu Ardacker, die man jährlich in Pöntaidung meldet.

 

-7-

In Propst und die Chorherrn haben ein Pöntaidung fed nächsten
Pfingsttag nach unserer Frauentag zu Lichtmess: dazu alle
Aigen kommen sollen, bei dem Wandl LX, und soll ein Richter
da sitzen, und vor ihm gemeldet werden alle Gewohnheit und
Rechten des Gotteshaus zu Ardacker als von alten Herkommen
ist:

1. daß ein Propst in seinem Haus und Pyuang kaiserliche und
fürstliche Freyung hat nach Laut und Sag der Statuten und
Brief, die da bestattent alle Grad und wird (Würde) des
durchlauchtigsten Herrn Kaiser Heinrich, Stifter des genann-
ten Gotteshauses.

2. Item die Chorherrn zu Ardacker haben rechte Freyung in
ihren Häusern als ein Propst und was auch zwischen der bei-
den Bacher ist gelegen, daselbs bey dem Gotteshaus zu Ar-
dacker ist auch Freyung.

3. Item: Was Frevel und Fall in des Propsten Hofe geschehen,
das hat ein Propst zu bessern und desgleichen ein jeder
Chorherr in seinen Haus, darüber ein Propst, noch ein Richter
nichts zu bieten hat.

4. Item: Was Fall, Frevel und Handel geschehen auf der Stras-
sen zwischen den Bachen bei dem Gotteshaus zu Ardacker, das
haben die Chorherrn zu bessern, noch niemand anderer nach
Laut und Sag der Statuten.

5. Item: Was Wandel sind, die den Tod berühren, da sind zwey
Theil des Propstens und das Drittheil gehört zum Gotteshaus.

6. Item: Was Fall, Frevel und Wandel auf dem Aygen außerhalb
der Freyung, die den Tod nicht berühren, die gehören zu dem
Gotteshaus.

7. Item, daß ein Propst und die Chorherrn haben nach Nuz
und Fug des Gotteshaus einen Betvogt zu erbitten nach ihrem
Gefallen.

8. Item: Sie melden auch, daß sie keinen anderen Erbvogt
nicht haben Ihnen und ihren Gotteshaus, dann den rechten
Landesfürsten zu Österreich.

9. Item: Es soll auch kein Landrichter Vogt sein, als daß
man ihn unsern Pöntaydung meldet.

10. Item: ein Propst und die Chorherrn haben aufzunemmen
und abzusetzen nach ihren Gefallen, als das von Alter Her-
kommen ist.

11. Item ein Vogt und ein Hofrichter haben keinen Aigen

 

-8-

 

höher zu bessern, denn um LX Sh, die anderen Fall gehören
zu dem Gotteshaus, als vergemerkt lst.

12. Item ein Propst und die Chorherrn haben Wildbann überall
auf ihren Gütern und auf den Aigen, und soll sich selber
Niemand unterwinden ohne ihren Willen, und mögen auch ihren
eigenen Wildung haben, und soll sich Niemand darin irren.

13. verschuld einer ein Wandel auf dem Aigen, und kommt
er vor Rungzeit mit des Gotteshaus Richter ab, so ist er
dem Vogt nicht pflichtig.

14. Item: Wird ein Aigner gerungt vor des Gotteshaus Richter
um, eine zugkehrwandel(?) so ist er dem Richter LX Sh und dem
Vogt LX Sh nach Gnaden. Ist er aber ein Außer, so ist er
dem Richter V und dem Vogt VI Sh zu Wandel.

15. Item: Auch ist zu wissen, daß man einen Vogt von der
Vogtey nichts mehr schuldig ist, dann von jeder Hofstatt
zu Ardacker in dem Markt 11 Sh drei Stund in den Jahr,
und von aygenaren seine geweidlichte Vogthiener (soll
vielleicht heißen: gewöhnliche Vogthenne) und der soll eines
zweyer Pfennig werth seyn, und soll auch er oder sein Knecht
kein andere Sammlung noch Förderung auf dem Ayken thuen von
Recht wegen.

16. Item das Gotteshaus hat drey Dingstatt in dem Landgericht,
eine zu Ardacker in dem Markt an der Zeil Turnau halben
in das obere Landgricht, die andere da selbst an der Zeil
zunachst am Berg in das nider Landgricht,, und das dritte
zu Dornach in das Landgricht enthalb Turnau.

17. Item: Ain sanspot (Sendbote) soll jährlich gehen in dren
Landtayding und wird einer aus dem Aygen grungt, den soll
er oder ein anderer Hausgenoß ausnemmen auf das Gotteshaus
gewohnliche Dingstatt, und kommt der Landrichter zu der
Beredung, und redt er sich aus, so geit er den Landrichter
nichts, kommt aber der nicht, so ist der (der sich bereden soll)
ein Ledig man.

18. Item schlagt ein Aygner einen zu tod, so ist er und sein
Helfer dem Landrichter nicht mehr pflichtig den 72Sh inner-
halb drey Tagen und dann haben sie ihr Leib und ihr Gut
gesichert gegen den Landrichter.

 

-9-

19. Jtem wird einer Tod auf dem Aygen gefunden, den mag man
wohl für der bringen an den Landrichter haissen (Haus),
darum ist man ihm nichts pflichtig.

20. Item wird einer auf dem Aygen begriffen ein Dieb oder
ein ander Übelthäter, wer den Vacht (der des Aygen ist)
der ist desgegen dem Landrichter unentgolten. Man soll aber
einen Dieb oder einen anderen Übelthäter auf den Aygen des
Gotteshaus Richter haben veyt (fest) an den dritten Tag. So
soll Ihn dann der Landrichter vessen, als er mit Gürtel
umfangen ist dann das gut soll bleiben bei dem Gotteshaus.
Kommt aber der Landrichter nicht und vessent um den Menschen,
so soll man den Menschen führen zu der Eicken, die da steht
vor dem Markt zu Ardagger bei dem Burggarten, und soll
dem Landrichter drei Stund ruffen, daß er sich des Menschen
unterwinde. Kommt er dann, und vessent den Menschen und will
ihn überwinden, so soll er ihn her wiederführen, in den
Markt gegen Ardacker und ihn da überwinden. Käme aber der
Landrichter nicht, so soll man den Menschen zubinden mit
einen Faden oder mit einen Rughalten, und darnach soll man
beschwören, daß er dem Gotteshaus und dem Aygen ohne Scha-
den seyn wird, als der Mensch von dem Landrichter nicht ge-
wessent und dem Gotteshaus oder dem Aygen schaden, davon
auf seine (der derselben Schaden ist) ein Landrichter
dem Gotteshaus oder dem Aygen pflichtig übertragen.

21. Item: Wenn der Landrichter einen in dem Aygen urthei-
len will zu dem Tod, soll er Zeugnus, und was er bedarf, selbe
dahin Bringen, und ist man ihm aus dem Aygen nicht mehr
schuldig, denn Ihm selb. dritten ein gerains Mahl und LXXII Sh.

22. item wo ein Landrichter weiß einen schädlichen Menschen
dem Aygen, die soll er selbst nicht nachgreifen, er soll
ihn aber fordern von Landgerichtswegen an das Gotteshaus
Richter, der soll ihn dann, den lhn anbieten, als er mit
Gürtel umfangen ist.

23. item ein Landrichter noch ein Vogt hat kein Recht auf das
Aygen zu greiffen um keinerley gut.

24. item man soll das Gotteshaus Hinterlassene keinen auf
keinem Baumacker nicht verbieten, wo er bey der Summe zu
den Rechten hin und her mag kommen.

 

-10-

25.item daß die Chorherrn haben Freyheit in ihren Höfen
und Häusern, und in ihren Hofstätten (die in ihr Chorlehen
gehören) daß ein Propst oder sein Schäfer noch Waldbot,
noch Richter geistlich oder weltlich über sie, noch über
ihr Hausgesind in ihren Häusern nichts zu bieten hat, denn
sie selber, ausgenommen des Bischofes wegen und was der
dann bringt.

26. item ein Propst, die Chorherrn und ihre Vivarii und
Capellan haben das Recht und Freyheit, daß sie ihr gut
wohl mögen schaffen, machen und geben bey wohlmögenden Leib
oder an dem Todbett, wem sie selber wollen und mag sie nie-
mand darein irren. Wer aber, daß Ihrer einer abging ohne
geschafft, desselben Gut soll sich Niemand unterwinden, dann
die Chorherrn, und da sollen Sie des ersten den Geldern
(sollte es vielleicht heißen; Gläubigern?)
davon genug thun,
und darnach den Leichnam ehrbarlich zu Erd bestatten mit
den ersten, mit den siebentendreyßigsten und das andere Gut
soll bleiben bay dem Gotteshaus laut Sag der Statut, die da
bestatt sind mit dem Fürsten zu Österreich und Bischof zu
Passau und Feysing.

27. item ob ein schädlicher Mensch auf den Aygen gefangen
wird, ist er des Propstes besonderer Hold, so mag sich
ein Propst des guts desselben wohl unterwinden, ist er aber
einem Chorherrn besonder dienstbar, so mag sich derselb
Chorherr des guts auch wohl unterwinden ohne manchleichs
widersprechen; ist er aber der Gemein dienstbar, so gefallen
dem Propst zwei Theil, und dem Gotteshaus der Drittheil.

28. item ein Propst und die Chorherrn melden, daß sie gesagt
Tag haben zu ihren Dienst, darauf man ihnen dienen soll und
wer dazu nicht dient und ließ sich pfänden, der wär einen
Kolerer zu wandeln LX Sh.

29. item allen schwären Traid soll man dienen zu sand gilgen
Tag und den Habern zu sand Martenstag, als von Alt Herkommen
Ist.

30. item des Gotteshaus Kasten Metzen dreyzig sollen bringen
zwey und dreyzig Amstetter.

 

-11-

31 item Wenn der Traid ausgedadt wird, so soll der Bau-
mann zu dem Herrn gehen und ihm den Traid anfeillen, daß
er dennemmen, er will Ihm den bringen. Nimmt selben der
Herr nicht, und das Traid ihm, dann verbrunnen oder ge-
nommen wird, so war ihn der Baumann unentgolten. War aber,
daß ihn der Baumann dem Herrn nicht anfeillet und zur rech-
ten Dienstzeit nicht bringet, und ihm der gewalt verderbete,
so muß ihn dem Herrn bezahlen.

32. item die Herrn haben ihr freies Bauholz geraint und ge-
stimt, darum Niemand kein Gewalt hat: wird aber einer darin
begriffen mit einer Hacken, daß er Holz abschlagt, so ist
er um LX Sh in das Holz,und um LX.Sh wieder daraus. Führt
aber mit einem Wagen darein und führt Holz daraus, oder
er schleift auf der Erden mit einen Roß daraus, so ist er
um VI Sh in das Holz und VI Sh wider daraus, und mag ihn
der Herr (dem er den Schaden thut) selbst pfänden.

33. item die Chorherrn haben das Recht, daß ihrer jeder um
sein Dienst (der Ihn an den Zetteln ausgetheilt ist) wohl
pfanden und nothigen mag ohne manigliches Widersprechen.

34 Item der Propst und die Chorherrn haben das Recht, daß
in der Pontaydung um ihr Forderung jeden wohl zu ver-
bieten haben bei dem Wandel LX Sh.

35. item die Chorherrn haben das Rechte ihren Pfründwein
(der ihnen an ihr Pfrund gefallt) wohl schenken mögen
ohne Ungeld als es von all Herkommen ist.

36. item: Wann sich ein Gut verbandelt mit dem Tod, da soll
man von Hof nemmen in einen Monat .Verhandelt es sich aber
mit Verkaufen oder mit Heurathen, so soll man es in 14 Tagen
bestehen. Thaten Sie eben das nicht, so möchten sich die Her-
ren des guts wohl unterwinden.

37. item: Wann ein Steuer auskommt, es sey Fürstensteuer
oder ungewöhnliche Gastung, oder von wecherley Nothdurft we-
gen es sey, daß man die gemein Holden steuerte so sollen des
Propst Holden auch mit gesteuert werden mitsamt der Gemeim
als von Alter Herkommen ist.

38. item Daß ein Propst keinerlei Steuer noch Forderung
thun soll über die Gemain Holden, die seinen besonderen
Nutzen bringen.

 

-12-

39. item ein Propst und die Chorherrn heben ein freies Fisch
in der Tuenow vor allen ihren Gründen enthalb der
Donau, als die March oben und unten gegeneinander ausweisen.
solide ist ein Schillinge (ß), oder 30 Pf 
8 Pf machen 1 M

Es ist bekannt, daß im Mittelalter es besonders die Wohn-
stätten geistlicher Körperschaften waren, von denen aus
sich di Cultur verbreitete.

Waren auch die Collegiatstifte in der Lage, und auch
nicht so berufen, wie die großartig ausgestatteten Abteien
der Benediktiner in dieser Beziehung zu wirken, so läßt
sich jedoch noch erkennen aus einigen Spuren, daß Kunst
und Wissenschaft auch hier Freunde zählte. Das prächtige
Glasgemälde aus dem 13. Jahrhundert - einige schöne Marmorgrab-
steine von Pröpsten und Chorherrn aus dem 15. Jahrh. und
die geschmackvoll geschnitzten Chorstühle aus dem 17. Jahrh.
geben hiervon Zeugnis.

Auch sollen einige schöne Pergamentschriften mit Initial
Gemälden von hiesigen Canonikern gefertigt, in Seitenstetten
aufbewahrt werden. Wahrscheinlich stammt auch auch die frü-
her erwähnte Einweihungsurkunde unserer Kirche von einem
hiesigen Chorhern.

Unter den Canonikern hatte der Scholastikus die Schule
zu leiten. Darunter war nämlich die Heranbildung junger Leu-
te zum geistlichen Stande zu verstehen. Laut der noch vor-
handenen Original-Urkunde hat Ulrich v. Lusnik, Pfarrer in
Pabneukirchen u. hiesiger Chorherr 1315 Vermächtnisse ge-
machte damit sein Schüler Ulrich zum geistlichen leben er-
zogen wird.

Nebstbei war aber auch magister Schulmeister od. Chor-
regent angestellt, der die Sängerknaben "Cantoren" und Mu-
siker heranzubilden und zu leiten hatte. Diese wohnten in
einem besonderen Hause; Erwähnung eines eigenen Schulhauses
geschieht schon sehr frühe, z. B.: bei der Stiftung des Heinrich
von St. Petronell
(1267), welche in das alte Urbarium,
welches auch den Pontaydung enthielt, und mit so vielen
anderen wertvollen Urkunden u. Schriften aus dem herr-
schaftlichen Archive an die Krämer verschleudert wurde,
mit den Worten eingetragen war: "Des Herrn Heinrich von

 

-13-

 

sankt Petronell Jahrtag ist am Sankt Wenzelslaustag, dazu
man Dienst 1M Pf. von dem Haus mit dem Gang zunächst der
Schul."
Der Schulmeister wird mit Stiftungsgebühren bedacht
in den Stiftungen der Chorherrn Erhard von Köln mit
Worten: dem Schulmeister wird mit 4 Schilling Sh (1487)
und des Chorherrn Johann Löw (1496), welcher verordnete,
daß bei den Exequien die er für sich stiftete, der Schul-
meister mit den Schülern zum Canarum mitzugehen und zu sin-
gen habe, wofür ihm 4 Sh zu bezahlen sinnd.

Im Jahre 1569 enstand in Stefanshart ein großer Bauern -
Excess unter dem Propst Oswald Grübler (sein Monument befindet
sich im nördlichen Seitenschiffe der Kirche) welcher der
Unordnung daselbst in gottesdienstlichen Sachen eingeris-
sen war, steuern wollte zog die Kirchenpröpste (Kirchen väter)
zur Verantwortung, und sperrte ihnen die Kirche, als sie
sich dessen weigerten. Darauf öffneten die Bauern unter Tumult
und Glockengeläute die Kirche gewaltsam, nahmen Kirchenge-
räthe heraus, excedierten im Wirtshause durch mehrere Tage
und verweigerten den Zehent. Bei der darauf erfolgten ge-
richtlichen Vernehmung von Seite des Propstes wird nebst
vielen anderen Zeugen auch als solcher angeführt: Mein
Schulmeister.

Das schon erwähnte Haus, welches der Schulmeister oder
Chorregent mit den übrigen Musikpersonale bewohnte, stand
der Sage nach in den Garten zwischen dem Hause Nr 14 und
dem Getreidekasten, und es ist Tatsache, daß an dieser Stel-
le schon mehrmals Mauerreste ausgegraben wurden und daß sich
solche noch in der Erde befinden. Die ganz sicher von eisern
dort befindlich gewesenen Hause herrühren.

In welcher Zeit dieses Haus einging oder abgebrochen
wurde, ist nicht bekannt.

Da der Getreidekasten anno 1730 gebaut wurde, so ist es
mögliche daß es dort zum Abbruche kam, und daß Materiale
bei dem letzteren Verwendung fand.

 

Die zwei letzten Chorregenten des Stiftes Franz Reß 1730 -
1779 und Johann Seyser 1779 - 83
bewohnten das Haus Nr 11
beim Brunnen, welches seit der Aufhebung des Stiftes als
Schulhaus diente,

-14-

und anno 1410 von dem Chorherrn Paul von Mautern, der in
denselben gsbre (laut Original-Stiftbrief) auch die Drei-
königskapelle im Kreuzgange aufhob und neu errichtete, erbaut
wurde.

Als die Türken im Jahre 1529 das erstemal vor Wien rückten,
zogen Streifscharen derselben bis an die Enns. Brand und
Verwüstung bezeichneten ihren Weg. Auch unsere Kirche samt
den Stiftsgebäuden gieng in Flammen auf, wovon die Spuren
noch hie und da, besonders an der westlichen Kirchenthür
zu sehen sind. In folge dieser schweren Kriegsnoth wurden
von der Regierung dem Lande große Lasten auferlegt und auch
der geistliche Stand sollte sein Schärflein beitragen. Auf
Befehl des Landesfürsten sollte derselbe den vierten Theil
seines Einkommens verpfänden, oder verkaufen und den Erlös
davon an eine hierzu ernannte Commission erlagen.

Allein das hiesige Capitel war hierzu nicht zu bewegen,
und der Verkauf mußte von besagter Commission ausgeführt
werden.

Laut des zu Innsbruck ausgefertigten Kaufbriefes 6. Juni 1530
bezahlte Hans Schissenberger, Bürger in Enns für die ge -
kauften Güter 678 Sh 22 Kr rheinisch.

Diese Güter lagen theils in Ardagger und Kirchfeld,  theils
über der Donau, und gaben einen jährlichen Ertrag in Geld
berechnet von 25 M 4 Sh 7 Kr.

ein Metzen Korn wurde angeschlagen zu 30 Kr
ein Metzen Hafer wurde angeschlagen zu 10 Kr
1 Schwein 2 Schilling
1 Kaß Käse 4 Kr
1 Henne 3 Kr

In diesem Kaufbriefe ist auch noch die Rede von dem
Probsttaydung, welcher abgehalten wird am Pfingsttag
nach Lichtmeß und von einem Vogttaydung, welcher abgehal-
ten wird im Fasching. Auch werden darin drei Felder genannt
in den Burgfried bei der Kirche (in Markt Ardagger). Die
Benennung "Burgfried" läßt schließen, daß sich ehemals eine
Burg dort befunden haben muß. Auch heutigen Tages führen noch
einige Äcker bei Ardagger Markt den Namen Burgacker. Im Pön-
taydung 20§ heißt es: Man soll den Menschen (Übeltäter) führen
zu den Eichen bei den Burggarten. Diese Burg ist spurlos
verschwunden.

 

-15-

Die verkauften Güter in und um Ardagger kamen bald nach-
her durch Kauf an den Herrn Eberhard von Reichenau, - und
die Güter über der Donau im Machlande an Leonhard Halfried
von Meggau
, damaligen Besitizer von Grein und Kreuzen. Der-
selbe starb 1539 und ist zu Kreuzen in seiner Familiengruft
beigesetzt. Ein Enkel von ihm hat in Grein 1623 Franziskaner-
gegründet, und im Jahre 1641 das Kapellhaus oder Seminar,
welches seit 1811 dort als Schulhaus dient. Die Stadt Grein
hat ihm ein Denkmal gesetzt.

Durch die Verluste, die das Stift erlitt, und durch die
sich mächtig ausbreitende Reformation kam das Stift in Ver-
fall. Die Gebäude blieben lange Zeit wüst liegen, die Pröpste
waren abwesend und das kanonische Leben hörte allmählich
ganz auf. Unter dem Propste Oswald Grübler (um 1567) wurde
der letzte Chorherr gewählt. Der Kirchen- und Pfarrdienst
wurde fortan bloß durch Vicarien besorgt.

Der eben genannte Propst war zwar sehr bemüht, die Ge-
bäude wieder aufzurichten, und sammelte fleißig Baumate-
rialien, allein ungeachtet seiner ziemlich langen Wirksam-
keit (1567 - 85) kam er damit nicht zu Ende.

Werfen wir einen Blick zurück auf den Bau der Kirche,
wie er im 13. Jahrhundert unter Propst Heinrich l. entstan-
den war: eine dreischiffige Basilika mit hohem Mittel- und
zwei niedrigen Seitenschiffen. Das Mittelschiff doppelt
so breit, als ein Seitenschiff. Das Prespyterium und 10
Stufen höher wegen der darunter befindlichen Krypta, und
gewölbt. Von außen die Gewölbgurten durch drei starke Stre-
pefeiler auf jeder Seite gestützt, von denen steinerne Halb-
bögen über die Seitenschiffe hinübergespannt sind.

Die Abseiten erstrecken sich durch die ganze Länge der
Kirche, sind aber links und rechts vom Prespyterium durch
Sakristeien ausgefüllt und nur im Schiffe der Kirche durch
offene Bogen zwischen je zwei viereckigen Säulen in das
Mittelschiff herein geöffnet. Vier Spitzbogenfenster auf
jeder Seite sowohl im hohem Mittelschiffe als auch in je-
dem der Seitenschiffe gaben Licht. Ober dem westlichen Portale
auf dem Musikchore war ein hohes Fenster, ober demselben

-16a-

eine runde Rosette. Mittel- und Seitenschiffe waren mit
flachen Holz-Decken belegt, und wahrscheinlich
mit dem Prespyterium in gleicher Höhe. Die Kirche stand
ursprünglich ganz frei, durch keinerlei Anbau und Zubau
entstellt. Der Anbau des Kreuzganges erfolgte im 14. Jahr-
hundert, wobei schon die 4 Fenster des nördlichen Schif-
fes verloren gingen, und zwei äußere starke Strebepfeiler
verstümmelt wurden. Nach dem Brande (1529) sind zwar allen
Anzeichen nach zuerst wieder Holzdecken gelegt worden, aber
später, vielleicht unter dem Probst Stredele (1610-42)
Oder gar erst unter Melchior, Freiherrn von Pergen (1662 –
1700) der die drei Stuckador Verzierungen und Freasken ma-
chen ließ (1678) wurden Mittel- und Seitenschiffe gewölbt,
wobei alle Fenster vermauert, und die Gewölbe darüber ge-
spannt wurden.

Von dem Probst Caspar Stredeln, Freiherrn Montano wissen
wir, daß er den vorderen Trakt des Schlosses erbaute, daß er
1620 durch den passauischen Orgelmacher Freynd eine Orgel
(ohne Pedal und Pahitiv), die erst unter Probst Grafen von
Auersberg
1770 dazukam, aufstellen-, die Chorstühle 1627
machen ließ und daß er sich unter der neuen Sakristei (rechts)
eine Sarggruft errichtete, in die zwar er selbst nicht
gelegt wurde, weil er als Domherr von Olmütz bei der Bel-
agerung der Festung durch Schweden umgekommen sein soll,
in welcher aber zwei seiner Nachfolger: Melchior Graf von
Pergen
(1700) und Franz, Graf von Lamberg (1732) beigesetzt
wurden.

Außer dieser größeren Beschädigung und Verunstaltung
des ersten Baues sind noch zahlreiche andere Entstellungen
bemerkbar, deren Aufzählung hier zu weit führen würde, und
außer dem Zwecke dieser Zeilen liegt.

Für den Zweck, eine historische Schulchronik zusammenzu-
stellen, ist es von großem Werte, daß unter dem Probste
Stredeln die Pfarrmatriken eingeführt wurden, welche mit
dem Jahre 1624 beginnen. Aus diesen wurde das nachfolgende
Verzeichnis der Chorregenten und Organisten zusammengestellt,

-16b-

welches zwar auf absolute Vollständigkeit keinen Anspruch
machen kann, da in den Matriken nur diejenigen zu finden
waren, die gelegentlich einer kirchlichen Function in die-
selben eingetragen waren, Aber es scheint, daß die Lücken
keine gar zu großen sind.

Chorregenten oder Ludi magister (Schulmeister) hatte
das Stifte wie wir wissen, schon seit den frühesten Zeiten:
Allein: Organisten konnten doch erst seit 1620, wo die Or-
gel angeschafft wurde, aufgenommen werden.
Öfters scheint der Chorregent auch zugleich Organist gewe-
sen zu sein.

Die verschiedenen Amtstitel: Ludi magister, ludi rector,
ludi moderatur, Regenschori, Schulmeister, Organist, Cantor,
Turner sind hier, so angegeben, wie sie ihnen in den Ma-
triken beigelegt wurden, Organisten, Cantoren (Sänger), Turner
(Musiker)
standen jedenfalls unter der Direktion des Chor-
regenten. Von diesem Personale war in den Matriken sehr we-
nig zu finden.

1626 Christof Pad, ludi magister, erscheint mit seiner
Gattin Magdalena als Pathe bei einer Taufe (3. März)

1627 Hermann Vogt, Organist, Pathe bei einer Taufe (17.8.)

1628 Christof Mader, Organist, Pathe bei einer Taufe (19.7.)

1630 Johann Karl Seitz, ludi magister, Pathe bei einer
Taufe (6.6.)

1627 Kaspar Schnitzer, Cantor, Pathe bei einer Taufe (21.1.)

1630 Sebastian Kapeller, ludi rectoris, und seine Gattin
Rosina waren Pathe bei einer Taufe (23.Juni)

1626 Simon Fischkur, ludi moderatur und seine Gattin
Anna Maria (waren Pathen am 28. April - Aicher,
Hofrichter hier)

1626 Franz Bachmeyer, ludi rector und seine Gattin Anna
(waren Pathen bei Anna Magdalena Krautz, Hofrich-
ter hier 27. Nov.)
dtto: Schulmeister 1642 wurde ihm einSohn Leopold
geboren (Pathe war Michael Krautz, Hofrichter hier)
dtto: Regenschori 1645, einSohn (Ulrich) geb. Kathe
Johann Wagegg, Hofrichter hier
dtto: Ludi rector 1647 einSohn (Ferdinand) geboren
(Pathe war Wolf Zehethofer, Obermeier)
dtto: Ludi moderator 1649 einSohn (Benedikt)

 

-17-


geboren (Pathe war Benedikt Seen, Hofrichter hier)
derselbe Ludi moderator war 1666 Pathe bei Stefan
Henninger
Franz Bachmayer starb am 28. Februar 1672 im Alter von
72 Jahren, und seine Gattin Anna folgte ihm am 15. Juni 1674
ins Grab. Dessen Sohn Ulrich finden wir als Musikus hier
von 1672-84 (er starb am 11. Juni 1684 als hospitus).
Ein anderer Sohn desselben scheint als Gastner oder Hofwirth
hier gewesen zu sein.
Nach Franz Bachmeyer scheint in der Reihe der Chor-
regenten eine Lücke zu sein.

1680 Lorenz Fröhlich, Organist und seine Gattin Regina
(1680-81, -82 – Geburten von Töchtern), bei denen Domina
von Opelt in Heinstetten Pathin war

1681 Johann Jakob Ulrich, Regonschori und seine Gattin
Susanna. (Bei der Taufe eines Töchterchens war Pathin
Maria Helena von Trebern in Amstetten
1688 Conrad Haberkorn, Chorregent; Bei, der Taufe eines Kindes
war Pathe: Lorenz Fröhlich
1693 Mathias Hueber Chorregent. Es wurde ihm ein Sohn
geboren.
1694 Tobias Mayer Chorregent war Pathe bei einer Taufe
Von 1695 bis 1701 finden wir einen
Siegmund Hauser als Turner (Musiker)
Der Pathe seiner Kinder war: Franz Ferdinand Ingerl,
Schulmeister zu Neustadtl.
Siegmund Hauser starb hier den 6. Mai 1701
1698 Johann Klingl von Weißenburg, Chorregent; Pathen seiner
Kinder waren: Thomas Mannersdorf, Pfleger in Zeillern
Und Karl Gössinger, Pfleger in Wallsee.
1697 Kaspar Beer:Organist und seine Gattin Maria Elsibeth
Bei der Taufe ihres Sohnes war Pathe: Meisckinger,
Hofrichter hier
1698 Martin Glasl: Organist und seine Gattin Justina
(Pathe bei der Taufe ihrer Tochter war: Stingl
von Weißenburg
1704 Heinrich Singer Chorregent und seine Gattin Dominica.
Kinder wurden ihm geboren: 1704, 1706, 1709

 

-18-


Pathen waren: Magdalena Theresia Reichlin, Franz Gott-
fried Rudolf Kapeller, Magister in Grein.
(Vielleicht ein Nachkomme des Sebastian Kapeller,
ludi rector in Grein) und Bistenhofer, Hofrichter hier.
Heinrich Singer starb hier am 28. Septernber 1730,
56 Jahre alt, und seine Gattin 64 Jahre alt.
Ein Epitaph an der Mauer unweit der Chorstiege
im linken Seitenschiffe der Kirche trägt folgende Inschrift

Alhier ruhet in Gott der wohl Edle und kunstreiche

Herr Georg Singer, gewester Chor Regent bei dem

kais. Stift und Closter Ardagger, welcher gestorben

den 28. Feber Anno 1730 igsten Jahr, seines Alters im

56 igsten Jahr. Dem Gott die ewige Ruhe verleihen

wolle.

Von Heinrich Singer sind noch folgende Compositionen
vorhanden: Ein Requiem in Dm für 3 Singstimmen und Orgel.
Gesänge am Lichtmeßtage, Gesänge am Palmsonntage Em.
4 Voce.Regina coeli 3 voci mit Orgel, Alma Em. 4 voc.
u. Orgel, Pfingstlied B.5, voc.M.Orgel Psalmo beati
omnes 4 voc.Ecce panis in E 4 voc. und Orgel. 4. Evange-
lien am Fronleichnam 4 voc.und Orgel. (Diese sämmtlichen Com-
positionen habe ich der Kirche als Eigenthum abgetreten)

Die Nachfolger Singers waren:

1730 Johann Franz Riß Chorregent und seine Gattin The-
resia (bei seine Kindern:1731 eine Tochter und 1733
1737, 1738 Söhne waren Pathe: Mitterer, Lebzelter in
Markt Ardagger. Er starb hier den 11. Mai 1779 und hat für
sich und seine Gattin einen Jahrtag mit Amt und Libera
gestiftet. Musikalische Compositionen haben sich nicht
vorgefunden.
Dafür sind zwei handschriftliche Aufzeichnungen von
ihm auf uns gekommen, eine im Orgelkasten, welche
lautet:
Anno 1770 unter der Regierung unseres allergnädig
sten Probsten und Herrn Josef, Franz Anton, Bischof
und Fürst zu Lavant, des herzogl. Römischen Reichs
Fürst von Auersperg wie auch Unter (Titl) Herrn Franz
Antoni Danzer p.dermahligen Stifts Hofrichter ist die-
se alte Orgel, welche von dem gewesten Herrn Propsten

 

-19-


Joon: Caspar Strettele de Monteau durch den Passauischen
Orgelmacher Freynd (1630) gemacht worden. Anitzo aber Positiv
Pedal, wie auch der Dritte Palg erneuert und verstärket wor-
den. Durch den kunsterfahrenen Herrn Phillipp Dorninger, der-
zeit Schul directoren in M. Aspach.

Johann Franz Riß 41-jähriger Regens chori
und eine andere, welche er 1750 in das leere Blatt eines
alten Choralbuches einschrieb und darin seine Gedanken
über Composition und Chorleitung aussprack.

Dieses Blatt liegt hier als Reliquie bei. (fehlt mittlerw. auch bei Pröll schon)
Er hatte die Kinder des damaligen Hofrichters Franz Anton
Danzer zu unterrichten, und an diesem Unterrichte durfte
auch mein Vater (Siegmund Diemberger, der auf dem Hause Nr.13
den 31.Juli 1756 geboren war, als Spielgenosse der danzer-
sehen Kinder die Rolle Theil nehmen, wobei ihm die Rolle
des Prügel-Knaben oder Blitzableiters zu Theil wurde, denn
damals waren gewisse pädagogische Pressionsmittel, die heu-
tigen Tages streng verboten sind, in vollster Übung, wurde
so zum Sängerknaben ausgebildet und später als Tenorist an-
gestellt.

Die von der Kaiserin Maria Theresia um 1770 getroffenen
Maßregeln um die Einführung öffentlicher Volksschulen all-
gemein zu machen, veranlaßten meinen Vater, sich auf ein
öffentliches Lehramt vorzubereiten.

Er ging daher 1775 nach Ebersberg bei Linz und fand bei
dem dortigen Schuldirektor Drechsler, nachdem er seine Orgel-
prüfung bestanden hatte, Aufnahme, machte 1778 in Linz den
vorgesschriebenen Curs für Lehrer, und bewarb sich nach
Ableben des Chorregenten Riß um die erste hier zu errich-
tende Öffentliche Lehrerstelle, die er auch erhielt und am
1.Juli 1779 antrat: mußte aber noch drei Jahre, bis zum Ab-
gange des nach Riß nochmals aufgenommenen Regenschori Jo-
hann Seyser im Stiftsgebäude, in der Gemeindestube Schule
halten. Er hatte anfangs 14 Kinder zu unterrichten und erst nach Sey-
sers Abgang wurde ihm das bisherige Schulhaus Nr 11 einge-
räumt. Am 1. November wurde ihm auch der Chordienst, und zu-
gleich an Stelle des vorigen Meßners Gottlieb Roth, Schneider

-20-

auf dem Haus Nr 12, der Messnerdienst übertragen. In eben
diesem Jahre wurden auch die Güter der Propstei eingezo-
gen und In eine Staatsherrschaft umgewandelt.

Bei der Liquidation durch den k.u.k. Administrator Czerny
sollen sich Mängel und Unrichtigkeiten gezeigt haben, die
dem Hofrichter Anton Darnzer der ein gutmütiger, aber
schwacher Mann gewesen zu sein scheint, zur Last fie-
len, so daß er in gerichtliche Untersuchung kam, und 1792
im Gefängnis starb.

Mein Vater hatte bis zur Aufhebung des Stiftes noch im-
Im Stiftsgebäude gewohnt, und außer den Schulstunden
Schreibdienste verrichte. Es wurden ihm nun die Mis-
sion zu Theil, alle Unterthanen des Gutes zu bereisen und
topographisch aufzunehmen, wozu Ihm ein Reitpferd zur Ver-
fügung gestellt wurde.

Nach vollendeter Liquidation kam als Oberbeamter Johann
Nep. Frieb hierher, der bis zum Verkaufe der Staatsherrschaft
(1811) in dieser Eigenschaft hier angestellt war. (Er war
der Onkel meiner Mutter)

Am 21. Mai 1811 kaufte der damalige Graf Alois von Geniceo
die bisherigen Religionsfondsherrschaft Ardagger um
207700 fl Einlösungsschein laut Kaufcontrakt mit der Re-
gierung laut 22. Oktober 1811. Die erste Hälfte wurde gleich
erlegt per 103800 fl, die andere in dreijährigen Raten. Als
Oberbeamter kam nun hierher Thaddäus Obermüller.

Im Jahre 1778 wurde eine neue Lehrart, das sogenannte
Tabellarisieren eingeführt und vorgeschrieben, diese musste
sich mein Vater bei seinem Lehrkurse zu eigen machen. Von
dieser Verpflichtung war natürlich kein Lehrer befreit:
um aber vielen Lehrern auf dem Lande die Aneignung dieser
Methode zu erleichtern, wurden instruierte Lehrer beauftragt,
ihre Collegen in dieselbe einzuweihen. Dieser Auftrag wurde
auch meinem Vater zu Theil in Bezug auf die benachbarten
Schullehrer zu Kollmitzberg, Markt Ardagger und Stefans-
hart, was ihm das Prädikat: "Musterlehrer" verschaffte.
Als Sänger im Stifte hatte mein Vater außer einer (wahrschein-
lieh ganz geringen) Besoldung in Geld, die volle Naturalver-
pflegung, nämlich Kost, Wohnung, Holz, Licht, Salz etc.

Nach seiner Anstellung als Lehrer entfiel die Kost und
er erhielt dafür Kostgeld. An feste und gesetzliche Formen

-21-

wurden diese Subsistenz-verhältnisse aber erst gebracht,
als im Jahre 1787 die erste Fassung aufgenommen wurde.
Nach dieser Fassion betrug die Anzahl der Schulkinder 47,
unter denen 30 zahlende mit wöchentlich 2 kr und. 2 1/2 kr
zusammen 49 fl 21kr als Lehrer-Besoldung ehemals

Kostgeld von der Herrschaft 145 fl - -

Als Lehrer 6 Klafter Holzscheiter

u. 2 KIf. Reisig in Natura Geldwert 9 fl 48 kr

als Messner ¾ Tagwerk Wiese (Kirche) - - 3 fl

für Stiftungen und Ämter 16 fl 30 kr

Sammlung (Wetterläutgebühren)

Gemeinde in Natura

7 3/8 Metzen Korn a 1fl

7 ¾ Mtz. Hafer a 36 kr Geldwert 11 fl 48 kr

Flachs und Eier von 51 Häusern a 1 fl 51 fl

----------------------------

236 fl 98 kr

welche in der Fassion 1793 von der Regierung bestätigt wurde.

Der erste Pfarrer nach der Aufhebung des Stiftes war
Ex-Karthäuser von Gaming, Joachim Bernhauser, der genau
nach einem Jahre hier starb. Ihm folgte Michael Feldberger
dann Johann Weißenböck und von 1796 - 1820 Josef Wilhelm
Schuh. Von 1820 - 1850 Johann Horn, von 1850 - 1865 Ferdinand
Huemer
, seit 1865 Stefan Haimberger bis 1885, seit 1885 Franz
Veigl
.

In den Jahren der feindlichen (französischen) Invasion 1805
bis 1809 wurde mein Vater mehrere male ausgeplündert. In
solchen kritischen Momenten flüchteten sich die Gefährdeten
nach Kroißberg oder Eichberg, welche Orte damals
noch viel versteckter, schwerer zugänglich von dichtem Walde
umgeben waren.

Härter aber noch, und von bleibenden Folgen traf ihn der
im Jahre 1811 erfolgte Staats-Bankerott, wodurch seine Be-
züge von Cmz. auf Wiener Währung herabsanken, die Preise
der Lebensmittel dadurch stiegen und durch die bald darauf
eintretenden Mißjahre eine außerordentliche Höhe erreichten.

 

-22-

Im Jahre 1814 wurde abermals eine Fassion aufgenommen,
welche einige Varianten gegen die vorige zeigt.

Die Schülerzahl betrug 62, davon 55 zahlende, wöchent-
lich 2 ½ Kr. 97 fl 55 kr

Besoldung (jetzt W.W.) 145 fl - -

6 Klafter Holzscheiter u. 2 KIf. Reisig 6 fj 30 kr

Messner Wiese Geldwert 1 " 30 "

von Stiftungen 20 " 45 "

7 Mtz. Korn

7 Mtz. Hafer

Sammlung 16 " 57 kr

1 " Liestraid

Stolleinkünfte 7 " 5 kr

----------------------------

294 fl 22 kr

Als mein Vater Siegmund Diemberger im Jahre 1826 eine
fünfzigjährige Dienstzeit Im Lehrfache hinter sich hatte,
wurde ihm die goldene Verdienstmedaille zuerkannt, er
zog es vor, dafür um einen Geldbetrag anzusuchen und erhielt
anstatt derselben 100 fl CMz.

In demselben Jahre (1826) hat der Besitzer der Herr-
schaft, Herr Alois Graf von Geniceo eine Stiftung für die
Schule gemacht, und zu diesem Zwecke ein Kapital von 442 fl
C.Mz. bestimmt, von dessen auf die Renten der Herrschaft
angewiesenen Betrag von jährlichen 25 fl je zwei Schüler,
ein Knabe und ein Mädchen, welche es verdienen, betheilt wer-
den sollen. Diese beiden Prämien für je ein Kind 10 fl werden
in die allgemeine Versorgungsanstalt gelegt.

Der bisherige Oberbeamte Thaddäus Obermüllner kam von
hier weg (um 1821) nach Melk, - ihm folgte in dieser Eigen-
schaft Strenmeyer, der dann Postmeister in Amstetten und
bald darauf Besitzer des Gutes Toller (in Ob.Öst.) wurde,
und zuletzt als Rentier in Linz starb. Hierauf folgte
Fuchs und nach diesem Rott. Unter dem letzteren kam die Ver-
waltung in Unordnung und er wurde entfernt. Dessen Nachfolger
war Franz Wessely, ungefähr um 1830, ein sehr diensteifri-
er Beamter. Er fand einen Anlaß, die Auszahlung der Dotatio-
nen an die Patronatspfarren und an den hiesigen Schullehrer
einzustellen. Für die ersteren wurde der Streitfall im
Rechtswege ausgetragen, der beiläufig 8 Jahre In Anspruch
nahm und zu Gunsten der Pfarren endete.

 

-23-

Für den Lehrer entschieden die politischen Behörden (Kreis-
amt, Regierung, Hofstelle) auf Grund der vollkommen richtig
adjustierten Fassion (letzter Bescheid: Hofstelle vom 2. Sep-
tember 1833). Die Einstellung dieser Dotationsleistung, die
sich auf die Jahre 1832 und 1833 ausdehnte und in die letz-
ten Lebensjahre meines Vaters fiel, hat schwer auf ihn
gelastet, und daß er die günstige Entscheidung noch erlebte
war wohl der letzte der wenigen Lichtblicke in seinem müh-
und sorgenreichen Leben. Er starb am 10. November 1833, nach-
dem er das 77 ste Jahr seines Lebens und das 54. seines Lehr-
amtes zurückgelegt hatte.

Gerade im Todesjahr meines Vaters hatte mein älterer
Bruder Franz, der am 26. Mai 1792 geboren war, den Curs in
St.·Pölten (1810) gehört und meinen Vater in der Zeit seiner
Kränklichkeit substituierte, die Schullehrer in lsper er-
halten.

Unterdessen war ich (geboren den 16. Juli 1814) gegen
Ende des Jahres 1832 aus dem Präparanden-Curs von St. Pölten
nach Hause gekommen, trat bald darauf, als mein Bruder nach
lsper abgegangen war, an seine Stelle und wurde nach dem Ab-
leben meines Vaters provisorisch mit der Leitung der Schule
so lange betraut, bis nach abgelegter Lehrerprüfung 1832
meine definitive Einstellung als Schullehrer erfolgte. (17.7.
1834) Das Patronatsrecht ruhte auf der Herrschaft, und die
mir verliehene Präsentation auf den Schuldienst war ausge-
stellt von der Vormundschaft der Herrschaftsbesitzerin Frau
Natalia von Löwenberg, geborene Plaideux, Freiin von Mainan
,
den 30. Dezember 1833. Die junge Frau wurde nicht lange zu-
vor Besitzerin der Herrschaft,- verkaufte dieselbe aber wie-
der 1842 an den Grafen Constantin von Wickenburg
, der damals
Statthalter in Steiermark war. In folge dieses Besitzwechsels
als Oberbeamter der musikfreundliche Johann Turner hie-
her. Auf seine Anregung und durch das Zusammenwirken aller
benachbarter Lehrer und Musiker brachten wir hier im Schlosse
anno 1844 die "Schöpfung" von Josef Haydn ganz und mit voller
Besetzung zur Aufführung.

 

-24-

Im Jahre 1839 war Bischof Michael Johann Wagner zur Fir-
mung, Kirchen- und Schulvisitation hier.
Schon im Jahre 1840 geschah die Anregung zum Fond für Lehrer-
witwen zu gründen, allein die schwachen Kräfte der Lehrer
waren hiezu nicht ausreichend. Derselbe konnte daher
erst realisiert werden, als Bischof Michael Johann Wagner in
seinem Testamente vom 4. Juli 1842 den Lehrerswitwenfond
zum Universalerben einsetzte. Somit datiert seine Gründung
mit dem 1. Jänner 1843 und er fristet sein
außer diesem bischöflichen Legate mit den Einlagen und Jähr-
lichen Nachzahlungen der Mitglieder.


-------------------------------------------------------------------------------------------

Es kam das Jahr 1848 und die nächste Folge für die hiesige
Schule war wieder die Zahlungseinstellung der Dotation von
Seite der Herrschaft, die sich nach kurzer Unterbrechung wie-
derholte und von 1851 - 54 dauerte. AIs Herrschaftsbeamter
damals hier Johann Eltz, der, früher um die Person des
Grafen von Wickenburg
von denselben hierher gesetzt wurde,
als er selbst aufgehört hatte, Gouverneur in Graz zu sein.

Im Jahre 1850 fühlte sich der H. Pfarrer Johann Horn
durch seine vorgerückten Jahre und mehrmalige Gichtanfälle
bewogen, in den Ruhestand zu treten.

Er war mir Lehrer, Vater und Freund.

Segen seinem Andenken!

Anno 1862 verkaufte Graf Wickenburg seine Gütern Wallsee,
Ulmerfeld und Edla gingen in den Besitz des Herzogs von
Koburg über, und Stift Ardagger in den Besitz der Familie
Eltz
, von welcher die in Verfall begriffenen Baulich-
keiten des Schlosses restauriert und die verwilderte
Umgebung desselben in eine liebliche Parkanlage umgeschafft
wurde. Das bisher von der Herrschaft getragene Patronatsrecht
auf die Schule, ging 1864 auf die Gemeinde über.

Im Jahre 1863 bewilligte der h.n.ö. Landesausschuß den
Lehrern "Cangrua" = Ergänzungen.

In Folge dessen erhielt ich pro 1863 -5 fl 46 kr. In
den folgenden Jahren je 13 Fl 24 kr, und im Jahre 1871 drei
Viertheile des Betrages 9 fl. 93 kr, weil mit 1. Oktober d. J.
die neue Gehaltsregulierung ins Leben trat in Folge der 1869
zu Stande gekommenen neuen Schulgesetze.

 

-25-

Die geistliche Schulaufsicht ging mit dem Erscheinen der
Schulgesetze auf die weltlichen Behörden über. Die letzte,
vom Consistorium in St. Pölten erflossene Currenda in Schul-
sachen war datiert vom 19. September 1869.
Nachdem von 1785 bis 1806 von dem k.k. Kreiskommissär Martin
Koller
(Schulverordnung v. 29. Novem. 1785) gepflogen wurde,
traten an dessen Stelle die geistlichen Schuldistrikts-
aufseher oder die Herren Dechante.

Während der Aera von 1806 - 1869 waren im Dekanate Ybbs
folgende Herrn Dechante Schuldistriktsaufseher:

1811 - 1818 Bartholomäus Ehrlicher, Pfarrer v. Amstetten

1819 - 1837 Benedikt Dusch

1838 – 1853 Leopold Adam von Ehrenport, Pfarrer v. Ybbs

1854 - 1863 Anton Stögermeier, Pfarrer v. Amstetten

1863 - 1869 Paulus Renk, Pfarrer v. Wieselburg

Hierauf folgten die Herrn k.k. Bezirksinspektoren:

1869 - 1871 Johann Hütter, Direktor der Realschule
in Waidhofen a.d.Ybbs

1872 - 78 Josef Gamon, Oberlehrer a.der Volksschule
in Strengberg

1879 - 87 Hieron. Friedl, Direktor an der Bürgerschule
in Amstetten

Seit 1887 Johann Blaschke , Bürgerschuldir. in Ybbs,
dzt. in Amstetten als Dir. der V.u. Bürgerschule.

Mit der Gehalts-Regulierung der Lehrer, welche mit 1. 10. 1871
ins Leben trat, war die Aufforderung verbunden, den Mesnerdienst
abzutreten. Der Chor- und. Organistendienst wurde gestattet
und in Folge, hier eine stabile Renumeratio von 50 Fl
dafür ausgemittelt.

Da sich den neuen Schulgesetzen gemäß durch die 8- jährige
Schulpflicht die Anzahl der Schüler um den dritten Theil
vermehrte und dadurch das Maximum, der für im Lehrzimmer
vorgeschriebenen Kinderzahl überschritten, auch das bishe-
rige Schulhaus wegen Alter, dumpfer und feuchter Räume,
ferner wegen Mangel an einem Turnplatz-Schulgarten etz.
nicht mehr entsprechend befunden wurde, so trat an die
Gemeinde die Aufgabe heran, ein neues, den gesetzlichen
Anforderungen entsprechendes Schulhaus zu errichten.
Als Bauplatz wurde mein an der Straße gelegener Garten
in Aussicht genommen, den ich auch, ob schon aus Pietät
für den alten Familienbesitz (seit 1751 in der Familie)

 

-26-


mit schwerem Herren der Gemeinde überließ.

Der Rohbau der neuen Schule durch Baumeister Wening-
steiner
in Amstetten wurde im Jahre 1878 begonnen und so-
weit ausgeführt, daß im folgenden Jahre die Einrichtung
vollendet werden konnte. Vor der Eröffnung derselben am
1. Oktober fand deren feierliche Einweihung durch Höchw.
H. Dechant von Ybbs, Benedikt Höllrigl statt.

Da in dessen im Laufe der Zeit meine Qualifikation für die
Versetzung in den bleibenden Ruhestand so weit vorgeschrit-
ten war, daß sie nichts mehr- zu ansehen übrig ließ, so
wurde mir dieselbe bereitwilligst gewährt. Ende August 1879

Der Garten in den die neue Schule hineingebaut wurde, und
der durch drei Geschlechtsfogen hindurch im Besitze unserer
Familie war, hat eine eigene Geschichte, und well die Ter-
raingestaltung des Ortes zum großen Theile damit in Ver-
bindung steht, möge es erlaubt sein, sie nach der mündlichen
und schriftlichen Überlieferung meines Vater zu erzählen:

Vor mehr als zweihundert Jahren lebte mit seinem Ehe-
weib Sybilla
ein Schuhmacher namens Simon Eberl auf dem
Kleinhause Nr 12. Dieser kaufte von Propst Freiherrn Melchior
von Pergen (1662 - 1700) im Jahre 1675 dieses Grundstück
um 50 Fl und jährlichen Dienst 1 Schilling und Herrenfor-
derung 6 Fl.

Dessen Sohn Melchior Eberl brachte das nebenstehende
Kleinhaus Nr 13, welches der Fleischhauer Jakob Leichtfried
anno 1696 um 40 fl gekauft hatte, anno 1709 käuflich an
sich und behielt das von seinem Vater gekaufte Grund-
stück bei.

Im Jahre 1751 kam Josef Diemberger, ein Weber, dessen
Eltern in Ybbs ansässig geworden waren, und der sich im
ungarischen Markte Fafsin ankaufte, später nach Wien zog,
und nach kürzerem Aufenthalte daselbst nach Stift Ardagger
übersiedelte und kaufte dieses Kleinhaus samt den Grund-
stücken um 123 fl.

Derselbe vereinigte in kurzem alle codalen Ämter und
Würden damaliger Zeit in seiner Person. Er wurde Hofamt-
mann, Kirchen- und Armenvater und starb 1794.

 

-27-

Nach dessen Tod behielt mein Vater dieses Grundstück,
welches dazumal wesentlich anders aussah als gegenwärtig.
Es war ein hoher, wüster Hügel, der sich vom oberen Ende
des Ortes bis zum Hause Nr 14 erstreckte. Er hieß "der
Schossergarten" auch der Garten"beim Gattern." Neben demselben,
an diser Stelle der jetzigen Poststraße zog sich ein Hohlweg
durch den Ort hinab, der so tief war, daß ein heubeladener
Wagen nicht hervorragte. Vor dem alten Schulhause
stand eine große Linde; Nadlingers Gasthaus Nr 3, in frühe-
ren Zeiten herrschaftliche Taverne, war mehr als um die
Hälfte kleiner als jetzt. Das obere Stockwerk bestand aus
einem Getreidekasten oder so etwas, mit kleinen viereckigen
Fenstern. Die Straßenfront desselben war durch die vorgebau-
te Fleischbank und durch einen langgestreckten Wagenschop-
pen verunstaltet. Die Häuser Nr 12 und 13 waren kleine Häus-
chen, letzteres war ganz aus Holz und wurde erst 1847 neu gebaut.
Nr 14·war die Waschkuchel des Stiftes, und ist erst später
in ein Haus umgewandelt worden. Nr 22 in der Brandwiese
war das sogenannte Brechelhaus (in welchem die Roboter den
herrschaftlichen Flachs brecheln mussten.) und die beiden
Häuser Nr 17 und 23 hat ein Zimmermannsweib mit eigenen
Händen aus Wickelwänden gebaute, die ich als Knabe noch
gekannt habe, und die wegen dieser Baugeschicklichkeit den
treffenden Spitznamen "Batzengeterin" erhielt. So sah der
Ort Stift Ardagger vor hundert Jahren aus.

Als nun mein Vater in Besitz dieses Grundstückes gekommen
war, gieng sein Streben dahin, diesen unförmlichen wüsten
Hügel zu ebnen, wobei ihm der glückliche Umstand zu Hilfe
kam, daß auf dem Kleinhaus Nr 15 ein Paar fleißige, ge-
nügsame Eheleute wohnten (eine Spezies, die seither ausge-
storben zu sein scheint) die sich dieser Aufgabe unterzogen.
Jahrelang arbeiteten sie mit unverdrossener Ausdauer an dem
beschwerlichen Werke. Der größte Theil des Materiales wurde
dazu verwendet, um den Hohlweg auszufüllen: mit dem Reste
wurden Theile des Gartens planierte für einen Lehrer,
dem so wenige Mittel zu Gebote stehen, ein wahres Riesen-
wer.

 

-28-

Das fleißige Ehepaar war gestorben, die französischen
Kriege mit allem, was damit verbunden war daran hieng,
brachten ganz andere Sorgen und so blieb ein Rest dieses
Hügels stehen im Umfange und der Höhe eines Wohnhauses,
der sich vom Häuschen Nr 14 bis nahe hinauf an die Schule
erstreckte. Endlich, in der ersten der zwanziger Jahre be-
nutzte mein Vater den Umstand, daß ein Hausbesitzer in Ha-
bersdorf Nr 8, namens Preinfalk sich herbeiließ, anstatt
des für ihn schwer aufzutreibenden Schulgeldes für seine
zahlreichen Kinder, die Wegräumung dieses letzten Hügel-
restes zu besorgen. Große Mühe und Opfer hat ferner die
Anpflanzung mit zahlreichen Obstbäumen und die Einfriedung
gekostet, sowie die Cultivierung des sterilen, lehmigen
Bodens. Leider war es meinem
Vater nicht gegönnt, die volle Ertragsfähigkeit seiner
Schöpfung zu genießen,- aber uns, seinen Hinterlassenen
hat sie oft in harten Zeiten hinüber geholfen.

Aber nicht bloß der Familie hat er ein wertvolles
Besitzthum geschaffen und hinterlassen, auch den Ort
hat er von einer häßlichen Verunstaltung befreit und der
Gemeinde hat er die Möglichkeit bereitet, ihr schönes
an günstiger Stelle zu errichten.

Damit seine Erinnerung in der Gemeinde nicht gänzlich
verschwinde, - denn es lebt niemand mehr, der von all dem
etwas weiß, habe ich mir erlaubt, es in diesen Zeilen fest
zu halten.

Stift Ardagger, Ende August 1879

Carl Diemberger

Schullehrer

 

 

 

Abschrift der Abschrift von Erwin Pröll und EDV-mäßiger Erfassung durch Leopold Farfeleder.

Hinweis: Die erste Seite wurde doppelt erstellt – in der zweiten Version mit Einleitung – und die Seite 16 wurde doppelt vergeben und von mir mit 16a und 16b bezeichnet. Rot hervorgehobene Stellen möchte ich im Original – so noch vorhanden – nochmals einsehen. Sie deuten mir auf Abschreibfehler hin. Namen und lateinische Ausdrücke wurden von mir fett dargestellt.

Stift Ardagger, Mai 2002 LF