Ferdinand Adl

Alte Weistümer aus Niederdonau

 

Niederdonau, Ahnengau des Führers, Schriftenreihe für Heimat und Volk

Herausgegeben vom Gaupresseamt Niederdonau der NSDAP Heft Nr.36

1941

Verlag: St. Pöltner Zeitungs-Verlags-Ges. m. b. H., St. Polten, Linzerstr.7

Druck: Gauwerke Niederdonau A. G. Druckerei St. Pölten

Umschlag und Buchgestaltung: Hans Thomas, Wien

Alle Rechte vorbehalten

 

Wesen der Weistümer und der Banntaidinge.

Dr. Gustav Winter, der verdienstvolle Sammler und Deuter der österreichischen Weistümer, umreißt den Begriff Weistum so: "Mit dem Worte Weistum bezeichnet die germanistische Rechtswissenschaft einen Wahrspruch, der auf amtliche Anfrage von glaubwürdigen, rechtskundigen Männern über geltendes Gewohnheitsrecht abgegeben wird.'' Der Weistumforscher Fehr führt als Kennzeichen eines Weistums an: gewohnheitsrechtlichen Inhalt, dauernde Regelung durch Niederschrift und deutsche Natur des Rechtes. Darüber hinaus sind uns heute die Weistümer wertvollste Quellen für Sprachforschung, für Rechts- und Kulturgeschichte.

Die Weistümer Niederdonaus gehören zu den schönsten aus deutschen Landen. Einen besonders guten Überblick über ihr Wesen gewinnt man aus den Weistümern des Kreises Amstetten, da ja dieser Kreis eine ganz bedeutende siedlungsgeschichtliche Stellung einnimmt. Wenn auch die Weistümer anderer Kreise kleine örtliche Eigenheiten aufweisen, so haben alle im großen und ganzen einen gemeinsamen Kern und dieser Kern schält sich aus den Amstettner Weistümern rein heraus. Sie erscheinen in den alten Rechtsaufzeichnungen nicht mit diesem Namen, sondern als Banntaiding, Landgerichtstaiding, Recht, Freiheit, Gewohnheit, Rügung usw. Am häufigsten finden wir die Bezeichnung Taiding oder in älterer Form tagedine. Daraus ersieht man die Ableitung vom Worte "Tag", der gleich wie die Sonne unseren Vorahnen als heilig galt, während dessen das "Ding", die Gerichtsversammlung, abgehalten wurde. Namentlich aber sollte zum Ausdrucke kommen, daß diese Gerichtsversammlung an einem ganz bestimmten, seit ältesten Zeiten feststehenden Tage stattzufinden hatte. Auch mit dem Worte Ehhaffttaiding sollte die altherkömmliche, regelmäßige Gerichtsversammlung, das echte Ding, bezeichnet werden. Daneben gab es nämlich auch außerordentliche Gerichtstagungen, die gebotenen Dinge, welche bei besonderen Anlässen eigens einberufen (geboten) wurden. Das Bestimmungswort Bann wird einmal mit Bezirk gedeutet, dann aber als Ausdruck für die Pflicht des Erscheinens und Verweilens aller zugehörigen Personen bis ans Ende des Taidings.

In Niederdonau sind bisher 765 Banntaidingshandschriften bekannt geworden, die vom 13. Jahrhundert bis zum Jahre 1835 reichen.

Die Zahl der jährlichen Banntaidinge, also der Gerichtstage, wechselte zwischen einem und vier. Seit dem 16. Jahrhundert wurden die Taidinge verringert. Dies hing mit dem Erstarken der öffentlichen und herrschaftlichen Gerichtsgewalten zusammen, denen das bäuerliche Rechtswesen der Weistümer ein Dorn im Auge war. Ein weiterer Abbaugrund waren die hohen Lasten, die jedes Banntaiding für einen Ort bedeutete.

Nach mittelalterlicher Sitte wurden die Taidinge nicht nach Monatstagen, sondern an kirchlichen Festtagen angesetzt. Die folgende Zusammenstellung gibt einen Überblick für den Kreis Amstetten, soweit die Tage angegeben sind:

Eisenreich-Dornach: 1 Taiding am Pfingsttag (Donnerstag) nach St. Martin;

Amstetten: 3 Taidinge, am Pfingsttag vor dem Faschingtag, am Pfingsttag vor St. Veit und am Pfingsttag vor St. Martin;

0ed: 3 Taidinge, am "mittich" (Mittwoch) nach Lichtmeß, am "mittich" nach St. Georg und am "mittich" nach St. Michael;

Ulmerfeld: 2 Taidinge, zu St. Georg und zu St. Bartholomäus;

Allhartsberg: 3 Taidinge, am Sonntag nach St. Georg, am Sonntag nach St. Michael und am Sonntag nach Lichtmeß;

Waidhofen a. d. Ybbs: 3 Taidinge, am "erichtag" (Irtag, Dienstag) nach St. Georg, am "erichtag" nach "unserer Frauen Tag der Dienstzeit" (d. i. Maria Geburt) und am "erichtag" nach Lichtmeß;

Hollenstein: 3 Taidinge, am Montag nach St. Georg, am Montag nach "unserer Frauen Tag der Dienstzeit" und am Montag nach Lichtmeß;

St. Peter in der Au: 3 Taidinge am "Frauentag der Dienstzeit", zu Weihnachten und im Fasching;

Seitenstetten: 2 Taidinge, am "suntag, so man die heirat verpent, den man nennet Circumdederunt" (d. i. der Fasching-Sonntag, an dem also damals die heirat verboten war!) und am "faisten phinztag" (feisten Donnerstag);

Ardagger: 1 Taiding am Pfingsttag nach Lichtmeß;

Wallsee: 3 Taidinge, am Freitag in der ersten Fastenwoche, am Freitag nach St. Johann und Paul und am Freitag nach St. Koloman. Wallsee ist der einzige Ort in Niederdonau, wo ein Freitag als Taidingstag aufscheint!

Sindelburg: 1 Taiding am "erchtag" ("erichtag", Dienstag) nach Dreikönig;

Erlakloster: 4 Taidinge, am Montag nach Dreikönig, am Montag nach St. Georg, am Montag nach St. Koloman und am Donnerstag nach Lichtmeß;

Salaberg: 4 Taidinge, am "erchtag" in der ersten und zweiten Fastenwoche, am "erchtag" nach St. Johann "zu den sunbenten" (Sonnenwende) und am "erchtag" nach St. Koloman.

Der Versammlungsort des Taidings wird selten angeführt.

Zumeist findet die Zusammenkunft im Hause des Richter statt.

In Waidhofen wird das Schloß, in Wallsee die obere Tafelstube und in Seitenstetten die "turnitz" (Speisesaal) als Taidingsort angeführt. In Allhartsberg wurde nach deutscher Sitte unter freiem Himmel auf dem Kirchberg Gericht gehalten. Die "rechte dingstatt" von St. Peter war in St. Michel am Bruckbach. Markt Ardagger besaß drei Dingstätten; die eine in der Zeil "Tuenau halben" (Häuserreihe an der damals nicht regulierten Donau) gehörte in das obere Landgericht, die andere daselbst in der "zeil zunachst am berg" fiel ins "nidere landgricht" und die dritte zu Dornach unterstand dem "landgricht enthalb" (jenseits) "Tuenau" (Donau).

Ein wichtiges Kennzeichen aller Banntaidinge war die Dingpflicht. Alle Grundholden waren bei "wandl" (Strafe) verpflichtet, das Banntaiding zu besuchen und bis zum Schlusse auszuharren. So meldet das Weistum zu Winklarn: "Wan man daß panthading ainem ansagt und daß er zum panthading nit kumbt, der ist zum wandl zweenundsibenzig pfening auf sein außredt schuldig". Obwohl das alte Recht die Frauen zum Gericht nicht zuließ, finden wir als große Seltenheit zwei Orte im Kreis Amstetten, die auch die "frawen, diernen, witib" und "vogtdiernen" zum Taiding forderlen, nämlieh Ybbsit} und Seitenstetten.

Jedes Banntaiding war eine hochfeierliche Angelegenheit, durchzogen mit althergebrachten Förmlichkeiten. Rede, Gegenrede und Fragen bekamen durch die Weistümer eine peinlich starre Form.

Die wichtigsten Mitglieder eines Banntaidings waren:

1. Der Richter als Vorsitzender, der als Wahrzeichen seiner Würde einen Stab hielt. Der Richter war nicht im heutigen Sinne ein Rechtsprecher, sondern nur Leiter der Gerichtsversammlung.

2. Die Schranne war eigentlich die Bank, auf welcher der Richter mit den Gerichtsbeisitzern saß. Schranne oder Geding hießen aber auch die angesehenen Männer - und zwar zumeist zwölf -, die vom Richter erwählt wurden. Sie hatten das Urteil zu finden und das herkömmliche Recht jedesmal neu zu bestätigen. Bei jedem Taiding wurde die Schranne neu zusammengestellt.

3. Der Redner (Vorsprecher, Vormund, Spruchmann, Rüger) sagte der versammelten Gemeinde das Weistum mit allen Taidingssatzungen entweder aus dem Gedächtnis auf oder las es vor. Für diese Tätigkeit wurde der Redner bezahlt, z. B. in Waidhofen an der Ybbs mit zwei "färtl" (= Fachtl = Wagen) Heu.

4. Der Weiser (Steurer, Bewahrer) mußte den Redner unterweisen und "steuern", wenn dieser etwa einige Gesätzlein des Weistums vergessen hatte. Der Weiser wurde nicht entlohnt. Niemand durfte bei ,,großem wandl" dem Redner und Weiser wegen der Ausübung ihrer Ämter Feindseligkeiten bereiten.

5. Der Umstand. Damit bezeichnete man alle beim Taiding anwesenden Dingpflichtigen oder nach dem Salaberger Weistum alle, "die das voder (Vorderseite) gegen der schran kern (kehren)". Der Umstand mußte während des ganzen Banntaidings mit entblößten Köpfen stehen, während der Richter und die Schranne saßen. Das Taiding war eröffnet, wenn sich der Richter mit dem Stabe in der Hand zur Schranne setzte.

Ueber die Zusammensetzung der Schranne gibt das Seisenegger Weistum aus dem Jahre 1413 Auskunft: "Vermerckht die Offnung und erkhantnuß in der lanndtschrann der herrschafft Rechten zu Seyßenegg. Ist geschehen des Erichtag in der annd vastwochen, Anno Domini taußent vierhund und in dem dreyzehenten jar. Deßselben tags sein an der schrann geßeßen die hernach benanten von der herrschaft Seyßenegg Edelleut, Ambtleut und anndere gemain leutt, ain mithl thaill alß nemblich etlich von Adl mit namen hernach benant sein:

Item zum ersten hannß Casperger schenckh,
" hannß Galsperger,
" Pilgrein Wallich,
" Wolfgang Galsperger,
" Khunrath Kreßling,
" Peter Greißenechh,
" Ulrich Schweinpeckh,
" Sichart Schweinpeckh,
" hannß Granperger,
" Eberhardt Sizendorfer,
" herttneüt stainreutter,
" heinrich Awer,
" Anndre grueber von lufftenbergkh,
" Eberhardt Marschalch,
" hainrich grueber,
" Simon Volchra,
" Peter Vischendorffer.

Die wichtigsten Aufgaben der vorhin beschriebenen Taidingsversammlung waren Rechtweisung und Rechtsprechung. Zuerst wurde das örtliche Weistum langsam und deutlich vorgesprochen oder verlesen, dabei wurde dem Umstand strenges Stillschweigen geboten. Dann fand der eigentliche Gerichtstag statt. Zumeist betraf dieser alle Strafhandlungen mit Ausnahme derer, "die den Tod berühren"; die Blutgerichtsbarkeit unterstand nämlich dem Landgericht (d. i. die zweite Instanz, die fast jede größere Herrschaft damals ausübte). Manchenorts fand zum Schlusse des Taitings auch die Wahl zu öffentlichen Aemtern sowie die Ueberprüfung von Maß und Gewicht statt.

Bei jeder Banntaidingsversammlung gab es drei "Sprachen". Darunter versteht man Besprechungen zwischen Umstand und Redner außerhalb der Dingstatte (Gerichtsplatz). Oft entstanden Unklarheiten im Rechtsverfahren und da entfernte sich der ganze Umstand mit dem Redner von der Dingstätte, auf der ja Stille geboten worden war, und beriet in der Nähe über die erforderlichen Rechtsmittel. Als große Seltenheit ist zu vermerken, dass zu Ybbsitz und Seitenstetten auch die Schranne an den Sprachen teilnehmen konnte. Obwohl diese drei Sprachen ein verbrieftes Recht der Gemeinde waren, konnte die Herrschaft dieses Recht strafweise aberkennen. So lesen wir im Seitenstettner Weistum aus dem Ende des 16. Jahrhunderts: "Die underthonnen wissen sich gueter massen zu erindern, daß sie vor jahren iere abtritt (Sprachen) zwar verwurcht (verwirkt) und verscherzt, iedoch haben ier hochwürden und genaden (der Abt) ienen heutiges tags auß gnaden erlaubt, daß sie alten brauch nach mögen abtretten und sich mit einander bereden."

War nun das Banntaiding samt seinen drei Sprachen beendet, so versammelten sich alle Teilnehmer beim Taidingsmahl. Dieses Festessen zahlten die Teilnehmer entweder selbst oder die Herrschaft mußte für die Kosten aufkommen, wie das Sindelburger Weistum ergötzlich zu berichten weiß: "Item (d. i. das gebräuchlichste Anfangswort der einzelnen Weistumsgesätzlein) ist der pfarrer (als Grundherr) seinen holden am panthätting (Banntaiding) ein mall von dreien richten (Gerichten) zu geben schuldig, auf iedem tisch 2 kandl wein, waß sie aber hernach trünken, sollen sie bezahlen und auch der köchin in der kuchl ein verehrung (ein nobler Ausdruck für Trinkgeld!) geben nach ierem dreuen und gueten willen."

Zumeist fand 14 Tage nach dem Banntaiding das sogenannte Nachtaiding statt, zu dem ebenfalls alle Untertanen erscheinen mußten. Im Nachtaiding wurde alles vorgebracht, "was im Banntaiding zu melden oder zu rügen vergessen worden war". Der im Banntaiding Verurteilte konnte berufen und sich im Nachtaiding rechtfertigen. Außerdem mußten alle "wändel" (Strafen) spätestens im Nachtaiding erlegt werden.

Weistumshandschriften.

Im Kreis Amstetten sind nach der Sammlung der Akademie der Wissenschaften (1909-1913) folgende Weistümer vorhanden:

1. Landgerichtstaiding von Seisenegg (1413).
2. Banntaiding zu Eisenreichdornach (16. Jahrhundert?).
3. Banntaidingbüchel des Marktes Amstetten (Ende des 15. Jahrhunderts).
4. Rechte im Burgfrieden zu Oed (1536); dieses Weistum ist dem von Wallsee sehr ähnlich, da Oed nördllich der Poststraße bis 1849 zum Landgericht Nieder-Wallsee gehörte).
5. Taidingsrechte und Freiheiten des Erlaklosterschen Amtes Winklarn (1625).
6. Banntaidinge zu Ulmerfeld (1555, 17. Jahrhundert).
7. Rügung zu Allhartsberg (15. Jahrhundert).
8. Ehhafttaiding der Herrschaft Gleiß (16. Jahrhundert).
9. Banntaidinge zu Waidhofen a. d. Ybbs (1500, 1543).
10. Ehhafttaithinge zu Hollenstein (1504, 1533); diese zwei Taidinge galten auch für Göstling.
11. Taidinge zu St. Peter in der Au (1498, 1570).
12. Taidinge des Stiftes Seitenstetten (16. Jahrhundert, Ende des 16. Jahrhunderts).
13. Markttaidinge zu Ybbsitz (1484, 16. Jahrhundert, 1589, 1640, 1643).
14. Gewohnheiten und Rechte des Gotteshauses Ardagger (16. Jahrhundert?).
15. Taidinge zu Nieder-Wallsee (1483, 1705).
16. Freiheit des Pfarrhofes Sindelburg (1531).
17. Taidinge zu Strengberg (15. Jahrhundert, 16. Jahrhundert, 1553,1560).
18. Taidingsrechte und Freiheiten des Erlaklosters (1625, 1640, 1724).
19. Die vier ehhaften Taidinge zu Salaberg (1523).

Inhalt der Weistümer.

Nun möge der Leser mit mir eine kleine Wanderung durch das weite Gebiet der Weistümer des Kreises Amstetten antreten:

Geld und Maß.

Fast in jedem Abschnitte der Weistümer stoßt man auf Geldangaben. Die gebräuchlichste Münze war der Silberpfennig; dieser hatte zwei Oberwerte, den Schilling und das Pfund:

1 Pfund (p) = 8 Schillinge (ß) = 240 Pfennige (d),
1 Schilling (ß) = 30 Pfennige (d),
1 "helbling" (Heller) = 1/2 Pfennig.

Hie und da findet man Gulden und "march gold" angegeben.

1 Gulden war 160 Pfennige wert, "march gold" ist ein schwankender Geldbegriff. Sehr schwer ist eine Umdeutung dieser Werte in die heutige Kaufkraft. Nach dem Waidhofner Weistum kosteten im 16. Jahrhundert 10 Eier l Pfennig, 1 Henne 2 Pfennige und eine Gans 4 Pfennige. Das Weistum von St. Peter berechnet l Henne mit 4 Pfennigen, was entweder die Leistungsfähigkeit dieser Hennen oder den Geschäftsgeist der St. Peterer unter Beweis stellt! In anderen Weistümern findet man folgende Preisangaben: 1 Taglohn mit Kost 6-8 d, 1 Korb Holzkohle 5 d, 1 Pfund Rindfleisch 12 d, 1000 Dachziegel oder 1 Eichenholztisch oder 1 Armbrust oder 1 Zentner Blei kosteten je 2 Pfund Pfennige = 480 d.

Wenn wir die Eier zum Vergleich heranziehen, so haben 10 Eier. derzeit im Großhandel einen Durchschnittswert von 1 Reichsmark. Also hätte l Pfennig nach derzeitigen Begriffen eine Kaufkraft von 1 Reichsmark. Doch ist nach einer liebenswürdigen Berichtigung des Studienrates Dr. Plöckinger, Krems, dieser Pfennigwert zu hoch und 1 Pfennig galt nicht mehr als höchstens 20 Reichspfennige. Zur leichteren Uebersicht möge folgende Zusammenstellung dienen:

1 p = 8 ß = 240 d gilt derzeit 48 Reichmark
1 ß = 30 d gilt derzeit 6 Reichmark
1 fl. (Gulden) = 160 d gilt derzeit 32 Reichmark
1 d gilt derzeit 20 Reichspfennige

Das gebräuchlichste Getreidemaß war der Metzen, doch hatte fast jeder größere Ort seinen eigenen Metzen. Unsere hauptsächlichsten Maße waren das Amstettner, das Ennser, das Achleitner Maß sowie das Waidhofner Stadtmaß.

Das "marchfueder" (Haferabgabe für die Pferde des Landesfürsten) zu Strengberg konnte nach dem Achleitner oder nach dem Ennser Maß gemessen werden. Uebrigens war dieses "marchfueder" die erste österreichische Steuer!

Folgende Liste vergleicht die alten Maße des Amstettner Kreises:

30 Kastenmetzen zu Achleiten = 25 Metzen Landmaß,
4 Kastenmetzen zu Achleiten = 5 Münchner oder Tegernseer Maß,
30 Ardagger Kastenmetzen = 32 Amstettner Metzen,
1 gehäufter Kastenmetzen = 1 gestrichener Landmetzen.

Zu Strengberg kostete l Landmetzen Getreide 30 d und l Kastenmetzen 25 d. - Der Kastenmetzen diente zum Messen des Getreidezehents, während der Landmetzen der im "Osterland" (in Oesterreich, Ostmark) übliche Metzen war.

Handwerk und Gewerbe

nehmen einen sehr breiten Raum in den Weistümern ein.

Die Bäcker durften in Ulmerfeld nur solange vor der Kirche ihre Ware verkaufen, als gesungen wurde, sonst galt es 72 d “wandl''.

In St. Peter und Ybbsitz mußten sie aueh "hellbärt und phenwert" (d. i. was einen Heller und 1 Pfennig wert ist) backen und durften vor Mitternacht und am Samstag nach der Vesper nicht heizen bei 72 d "wandl". Verholen war auch zu murren, wenn der Gewerbebeschauer kam. In Strengberg wurde bei Beschwerde das Brot mit dem von St. Peter verglichen und bei zu geringem Gewichte vom Vogt beschlagnahmt. Die Bäcker zu Erla wurden verhalten, im Gewicht und in der "weißen" so wie in Enns zu backen.

Die Fleischhauer mußten auch kleine und kleinste Fleischmengen willig verkaufen und durften nur bei Tag das Fleisch im Beisein von Fleischbeschauern ausschroten. Das "phinig (trichinöse) fleysch" wurde beschlagnahmt und verbrannt. In Wallsee mußten monatlich die Fleischbänke "umbgewexelt" werden.

Die Fuhrleute von Ybbsitz durften das "geschmeit" (Schmiedewaren) nach altem Herkommen bis zur Waidhofner Niederlage führen, erst von da aus konnten die ,,lantpaurn" (Landbauern) die Ware weiterführen.

In Ybbsitz gelobten die Hammerschmiede: "wan nur der handelßman mit seinen tuechhändln und andern unortnlichen handlungen wird ainstmals nachlassen, ist nit zu zweifeln, die hammerschmidt werden auch kaine selzame verschwerzungen (mindergute Ware) machen."

Die Müller hatten jährlich eine Mühlenbeschau ebenfalls ohne Murren und Schelten über sich ergehen zu lassen. Wenn der Abt von Tegernsee (Tegernsee war bis 1806 Grundherrschaft von Strengberg) nach Strengberg kam, mußten ihm die Müller das Brennholz "maissen" (schlagen). Im Strengberger Weistum findet man überhaupt sehr viel über die Müller. Besonders in trockenen Zeiten mußte das Mühlwasser ohne jeden Abfluß den Müllern überlassen werden. Nur vom Samstag bis zum Sonntagabend durften die Nachbarn mit dem Mühlwasser ihre Wiesen berieseln. Am St.-Georgs- und am St.-Michaels-Tage hatte die Räumung aller Mühlbäche stattzufinden. Im Nachtaiding zu Strengberg wurden die Mehlmaße "gefacht" (geeicht).

Ebenso alle "zapf- und tischmaß" der Wirte. Ein Wirt, der zuviel ankreidet, sowie ein Gast, der "sein zech abwischt", standen zu Strengberg in des Vogtes Strafe. In Oed durfte kein Wirt einen Fremden langer als eine Nacht beherbergen, sonst mußte er jeden vom Gaste gestifteten Schaden ersetzen. In Erla durften die Untertanen bei Zehrungen den dortigen Wirten nicht auf die Seite gehen, sonst mußten sie 2 Taler Strafe zahlen. Dafür dienten die Wirte dem Hofrichter ein "rechkändl" (Rechtkanne) Wein von jedem Fasse. Verweigerten sie aber diesen ,Dienst’ dann wurde ihnen der Zapfen des betreffenden Fasses abgeschlagen. Uebrigens wurde den Erlaer Wirten ans Herz gelegt, "nit der doppelten kreiden" zu gebrauchen und nicht den Leuten etwas vorzusetzen, woran sie sich ,den Tod essen oder trinken' konnten.

Vielfach wird in den Weistümern von

Zehent- und Robotleistungen

berichtet. Fast jede Herrschaft schrieb verschiedene Tage für die "dienste" vor. Unter "dienst" verstand man keine Arbeitsleistungen ("robolt, Robot"), sondern alle Abgaben, bzw. Steuern, "dienen" hieß also damals Steuer zahlen und Zehent leisten. In Oed dienten die Grundholden 3 d für jedes Haus und jedes Joch.

Bei "anlait" (Uebernahme) und auch bei "ablait" (Uebergabe) diente in Ulmerfeld ein Hof 24 d, ein Lehen 12 d und eine Hofstatt 6 d. Wurde ein Zahlungstermin versäumt, so betrug das Strafgeld 72 d, in Erla aber “10 per cento interesse". Der Pfarrer von Neuhofen konnte seine Holden wegen Zahlungsversäumnis selbst strafen, alle anderen Strafsachen standen aber der Herrschaft Ulmerfeld zu. Hie und da liest man von ,Beutellehen’, das waren kleine Lehenstücke, vielfach gepachtete Wirtschaften, für die aber die Lehner keine Kriegsdienste mehr, sondern nur Geld und Naturalleistungen aufzubringen hatten. Zu Waidhofen bestand ein Dienst aus Faschingshennen und Herbsthähnen. Herrschte ein Unwetter, so konnte man besonders beim Getreidedienst 14 Tage ohne Säumnisstrafe zuwarten. In Wallsee war für jedes Haus ein Dienst von 6 d vorgeschrieben, nur der Mesner zahlte 4 d. Ein Krautacker wurde höher besteuert (9 d) als ein anderes Grundstück (6 d). Wurde in Tegernsee ein neuer Abt gewählt, hatten hiemit die Strengberger einen neuen Grundherrn, dem sie bei sonstiger Pfändung 32 p als Huldigungsdienst leisten mußten. Befand sich dieser Abt in Strengberg zu Besuch, so diente jeder Hof 2 Metzen Rüben und jeder Bäcker 4 von 100 Laib Brot. Oft hießen diese Abgaben auch "kuchldienst", in Ybbsitz lesen wir von einem "schulterdienst", das war die Abgabe eines vorderen Viertels von jedem Schwein. Wenn der Propst von Ardagger das gediente Getreide verschmähte oder verbrannte, so war der betreffende Bauer nichts mehr schuldig.

Das Erlakloster hatte als Privileg den Zehent (d. i. der zehnte Teil der Ernte) aller neugerodeten Gründe in den damaligen Ennswaldgebieten der Pfarren St. Pantaleon und St. Valentin.

In Salaberg wurde der Zehent von allem mit der Sichel gemähten im Stadel und von dem mit der Sense Gemähten gleich auf dem Felde abgezählt. In Hollenstein waren Pfarrer und Vikar mit Zehent bedacht.

Auch die verschiedensten Robotleistungen sind in den Weistümern genau verzeichnet. Nach einem Windbruch räumten die Ulmerfelder auf Befehl des Försters den Wald und machten Schindeln. Die Holden von St. Peter mußten das Heu von Hartbruck bis St. Peter bringen. In Seitenstetten machten sich alle Roboter ja rechtzeitig auf die Beine, um zur Frühmeßzeit an Ort und Stelle zu sein, denn der zuletzt Erschienene mußte dem Ersten einen Metzen Hafer geben! Zu kleine oder kranke Roboter wurden mit Spott heimgeschickt. Die Robot für den Ybbsitzer Pfarrer war genau geregelt: Die Marktbewohner setzten und bebauten das Kraut, die "urbarer" (Inhaber der Herrschaftsgüter) schlugen und führten den "wid" (Holz), die "ruthleut" (Rottenbewohner) mußten Wege und Stege richten. Wenn die Herrschaft zu Achleiten bei Strengherg gedroschen hatte, so führten die Lehner als Zugrobot das Getreide auf die Märkte nach St. Peter und Waidhofen. Der Abt von Tegernsee fuhr jährlich nach Loiben in der Wachau zur Weinlese. Da hatte jedes Haus der Strengherger Holden einen Mann zum Schiffszuge beizustellen, während die Aubewohner Holz, Heu, Stroh und Speisen zu den Schiffen trugen. Jeder Roboter bekam Kost und 12 d Trinkgeld. Die zwei ,Maier zu Hag’ mußten den herrschaftlichen Garten düngen, die Kroisbacher stellten die Wagen zur Weinfuhre, die Hofstätter zogen mit ihren Pferden die Weinfuhren. Das Salaberger Weistum zählt vier "robolt" (Robot) auf: Kornschnitt, Mistfuhr, Weinfuhr aus den Salaberger Weingärten und Bauholzfuhr. Diese Roboter wurden nur verköstigt.

Jagd und Fischerei

war früher alleiniges Vorrecht der Herrschaft. Daher stößt man in den Weistümern oft auf die Ausdrücke Wildbann und Bannwasser. Um 1500 gab es in der Gegend von Waidhofen und Hollenstein Bären, Wölfe und Wildschweine. Wenn der Waidhofner Amtmann jagen wollte, mußten auf sein "geschrai" (Jagdruf) die Holden als Treiber mitgehen, sonst wurde ihnen der Ofen eingeschlagen. Hatte der Amtmann Jagdglück, so waren bestimmte Wildbretteile der Herrschaft abzuliefern, und zwar vom Rotwild die 4 "leuf und ain riedpraten (Rippenstück), vom pern (Bären) die recht pranken aber nit mehr" und vom Wildschwein die vier "leuf". Jährlich gab es eine Waldbeschau. Das geschlagene Köhlerholz mußte von den Köhlern längstens im nächsten Jahre aufgearbeitet sein. Die Holden durften ihr Bauholz umsonst aus den Wäldern holen.

Sehr schwere Strafen wurden den Wild- und Fischdieben auferlegt. In Ybbsitz kam ein Wilderer bei Tag mit 5 p Strafe weg. Wurde aber bei Nacht ein Wilddieb erwischt, so büßte er ohne Gnade eine Hand und hatte außerdem 4 Wochen "turmstraff" abzusitzen. Die gleiche Strafe bekam jeder, der einen Wilddieb nicht anzeigte. In Strengberg wurde jeder "leimpaumb (Leimspindel) sezer" und "kreußen" Fänger gepfändet. Das Wort "kreuß" bedeutet Krebs, der Ort Kroisbach bei Strengberg z. B. wurde in einer Urkunde aus dem Jahre 1011 "Crebezbah" genannt. Auch das "reißgejait", also die niedere Jagd, stand unter dem Wildbann. In Ybbsitz wurde jedes Stück Fischzeug gepfändet, das ohne Wissen des Kastners verborgen gehalten war. Doch gab es hie und da auch verbriefte Freiheiten. So hatten die "hausgenossen" von Hollenstein freies Fischrecht auf der Ybbs von dem Wehr zu Waidhofen bis zum Fischwasser der Herren von Gaming.

Propst und Chorherren von Ardagger genossen ebenfalls freies Fischwasser in der "Tuenaw" (Donau). Ganz vereinzelt ist ein Fall von Strandruhr: Die Fischer von Erla mußten bei sonstiger schwerer Strafe angeschwemmte Leichen, Zillen, Floße und Kaufmannsgüter im Erlakloster abgeben.

Es fällt auf, daß die Wilddiebe in unserer Gegend so schwer bestraft wurden, wie es das Beispiel von Ybbsitz zeigt. Aber weit schrecklicher war zur selben Zeit die Sühne für diese Straftaten in anderen Gegenden, denn dort bestand die gebräuchlichste Strafe im Ausstechen der Augen wie folgende Aufstellung zeigt:

Baumgarten bei Traismauer (1637, l Auge oder 5 p),
St. Andrä a. d. Traisen (1585, l Auge oder 5 p),
Lilienfeld (15. Jhd., beide Augen ohne Gnade),
Karlstetten bei St. Pölten (1515, beide Augen oder 32 p).

Hausfriede, Freiung, Burgfriede

Das Haus war unseren Ahnen besonders geheiligt, jeder Hausfriedensbruch wurde schwerstens geahndet. Schon das freventliche Uebertreten des "drusschubel" (Türschwelle) wurde in St. Peter mit 6 d bestraft. Wenn in Oed einer dem anderen bis unter seine Dachtropfen "mit frevel" nachlief, so büßte er als "inner" (Einheimischer) 60 d, aber als “ausser" (Fremder) 6 ß. Ja sogar blutige Strafe erlitt ein Hausfriedensbrecher mit dem Verlust einer Hand! Dies bezeugen die Weistümer von Eisenreich-Dornach, Winklarn, Ulmerfeld und Neuhofen. Die Strengberger Hausbesitzer konnten jeden, der nächtlich bei einem Fenster vorbeischlich und auf Anruf nicht stehen blieb, ohneweiters erstechen. In diesem Falle brauchte der Besitzer dem Getöteten nur 3 d auf die Wunde legen und den Leichnam vom Hause wegziehen, damit war er vor dem Landrichter gefreit.

Heutzutage verabscheut jeder ehrliche Mensch den ,Horcher an der Wand’. Unsere Vorfahren gaben diesem Abscheu recht handgreifliche Formen! So zahlte in Hollenstein der Neugierige 5 p und in St. Peter erzählt darüber das Weistum: "Ob ainer aussen lost an ainem fenster oder an der want, ob das ain wiert (Hauswirt) innen wurt (d. h. bemerkte), der soll ihn fachen und soll in mit ainem eisen nagl an die want nagln mit ainem arm". In Seitenstetten konnte man den "luser" (Horcher) "mit den orn (Ohren) an das vensterprett zwigkn" (nageln).

Das Haus war nicht nur selbst durch diese strengen Gesetze geschützt, es konnte bei besonderer Privilegierung sogar dein Hilfesuchenden Schutz und Freiheit geben, was mit dem Ausdrucke Freiung bezeichnet wurde. So hatten Propst und Chorherren von Ardagger zwischen den beiden Bächen bei der Kirche kaiserliche und fürstliche Freiung. Der Pfarrer von Sindelburg durfte einem Totschläger 3 Tage Freiung geben, "aber lenger nit". In Ybbsitz war Freiung unter allen Dächern, die dem Gotteshause Seitenstetten gehörten, sowie auf dem Platze vom ,hohen Haus bis an die äußere Fleischbank’. Wer diese Freiung brach, zahlte 32 p oder mußte eine Hand büßen. Der Seitenstettner Jahrmarkt genoß 14 Tage verher und nachher fürstliche Freiung, auch der "fuerhof" (Vorhof) und das "gschloß" zu Waidhofen waren Freiungsorte. Eigenartig ist eine Bestimmung aus Wallsee. Dort konnte jeder, der Freiung brauchte, 3 Tage bleiben. Wollte der Flüchtling aber sein Asyl länger behalten oder kamen gar seine Feinde, so konnte er beim Richter für 12 d die weitere Freiung erkaufen. Brauchte er die Freiung nicht mehr, so mußte er sie dem Richter kündigen und dabei abermals 12 d zahlen. Wer den Schutz der Freiung genoß, durfte keine andere Waffe tragen als ein Messer mit einer spannlangen Klinge. Nur aus Strengberg hören wir, daß der Vogt einen Mörder aus der Freiung herausholen konnte.

Aehnlich dem einzelnen Hause hatte auch die ganze Gemeinde gewisse Rechte im Burgfrieden. So durfte ein Fremder, der Grundstücke im Oeder Burgfrieden besaß, nur das "fexnen", was er mit der "drischel" (Dreschflegel) gewinnen konnte, Heu, Stroh und Grummet mußten aber im Burgfrieden bleiben. Oefters wurden die Grenzen des Burgfriedens, also des Gemeindegebietes, vom Richter, Rat und von jungen Bürgersöhnen begangen, wobei die Jungen durch Ohrfeigen alle wichtigen Stellen bedeutsamst eingeprägt erhielten! Wir lesen vom 14. September 1606 eine Beschreibung des Amstettner Burgfriedens, der folgenden Verlauf hatte (etwas gekürzt berichtet): "von der Ybbsbrucken neben dem mihlpach auf der untern widen hinab bis an die Ybbs, neben dem wasser bis an das ent des Lederpaches, volgent dem pach aufwerts zum prückel, verrer (weiter) aufwerts bis zu dem steeg bei des Ambroß pecken (Bäcker) garten, dann um das Pütlshies hauß in die lantstrassen, neben dem zaun an der rechten seiten bis auf die Schiemingwiesen, an dem graben gegen dem gattern zwischen dem Pyrach und Khrautberg, von dem gattern in den Alten graben hinab bis an den Khüesteeg bei der obern widen, zu dem stigl des Wolfen Machleuthners hauß auf das mihlpachbrückl bis zu derYbbsbrucken, daselbst sich unser burkfridt schleussen thuet."

Ungemein aufschlußreich im Hinblick auf die damalige Schreibweise der Ortsnamen ist die Beschreibung der Landgerichtsgrenzen aus dem "Pannthaidung bey der Herrschaft Seißenegg de Anno 1413". Uebrigens ist dieses älteste Weistum des Kreises Amstetten noch nicht veröffentlicht, ich verdanke dessen Abschrift meinem Kameraden Alexander Albrecht und dem Entgegenkommen der Gutsherrschaft Seisenegg: "Hienach ist vermerckhlt das Landtgericht zu Seyßenegg, die March und Örtter, wie weit es gehet. Nämblichen wie es herr Wolfgang von Meyleßdorf vor vierzig jaren, sein Vatter vor Sechzig jaren und Anndere pfleger vil gebraucht und gehandlet haben:

Item von erst gehördt daß Landtgericht gen Seyßenegg biß an das pächl, das man nent die Gräßniz, das da rint unterhalb des plindenmarckht beim khalhofen und nach dem pachlein ab biß mitten in die Ybbß unnd nach dem pachlein wider auf biß durch das Pannholz unnd von dan biß an den hoff, den man nent den hamathof, unnd von dem hamathof, gerechnet den Freinstein, biß auf die bruckhen bei der padtstuben und von derselbigen Prukhen gerechen ober den perg auf biß auf ain guet, daß da haist der Turneckh, von demselben guet gerechen ab biß mitten in die Donau und Donau auf biß gen Ardagger mitten in Marckht mitten in die strassen, die durch den Marckht außgeet. Unnd die unter zeil mit sambt halber Straßen gehört das lanndtgericht gen Seyßenegg und die ober zeil gehört gen Walsee. Also ist es je und je von Alter her gebraucht und gehaltten. Unnd zu negst vor dem Marckht Ardagger steet ain Stainen khreuz, da hebt sich das landtgericht wider an und geet ober den pach niderhalb der khochmul und dann auf das guett zum hanßen Pernbach und von dan biß auf das guett zum Anderl beim Pach und nach dem graben hinauf biß auf das guett, genant am Sudersgraben und von dann auf die Straß von Ambstetten biß zum khreuz auf der höch alß man Zeillarn siecht. Unnd vom khreuz auf Puchßhoffen von Puchßhoffen der straß nach auf der höch auf Ödt im heyperg biß zu dem khreuz und auf die Straßen, die von Zeillern gen Elling geet, unnd der Straßen nach gen Elling biß an das Pächl zu Elling und von dem Pächl mitten in die Url und was enhalh der Url ist, das Dorf Maur mit all seinen gründten, das Dorf Mairhofen mit all sein gründten biß auf die Straßen, die von Aspach geet ober die haydt gen Ambstetten und nach der Straßen ab biß auf den gattern, der bei der Url steht, beim steeg biß hinauf an das Purckholz geet die March auf ain hoffstatt genandt Mestelreuth und von dann in den Sparbersbach biß zu der Ranßleutten und von mitten in die Ybbß und nach der Ybbß ab biß wiederumb in die Gräßniz.

Item mer ain Ortt des lanndtgerichts, das sich anhebt, als man zu Ambstetten durch den furt reit oherhalb des khalchsoffen und woll unterhalb der Wier, da heht es sich an mitten auf die Ybbß und nach der Ybbß hinauf und für Mülau unndt hiniber auf dieppelstorf unndt werth hinah für Siernbach biß gen mitterfeldt unnd an die gründt am Räzing und alß weit der fronn von Erlacloster gründt sein auf Winkhlinger Aygen, gehört des lanndtgericht alles gehn Seyßenegg.

Item mer ain Ortt, in dem zu Alharzperg, deß des von Melckh ist und ligt unter dem Sumbtagperg, und als weit des vom Melckhi grünt und guetter sein, desselbing amht gehört das lanndtgericht alles gen Seyßenegg (Randbemerkung von späterer Hand: "ist auf die Purg Steyr gehörig").

Item mer ain Ortt, das sich anhebt zu Khemmaten auf der Pruckhn und werth hinauf nach der Ybbß mitten biß für gleiß biß zum gerstlein mitten auf die Pruggen, und vom gerstlein hinauf auf den Sumbtagperg, und der Sumbtagperg ist auch im lanndtgericht unnd werth hinauf in das Winthag unnd nach der Ybbß hinein auf die Zell und zu Waydhouven mitten auf die Pruggen, und werth hinauf nach der Ybhs hinein für den offen perg unnd hin auf Oppeniz. Oppeniz ist auch im lanndtgericht, und. von Oppeniz hinein gehn Sannt Georgen am Reut, unnd wehrt hin nach der Ybbß biß gen lunz, unnd all annder gründt und guetter, vogtleut und ander holden, die gehen gleyß gehören, ist alles in Seyßenegger lanndtgericht.

Item mer ain Ortt in der herrschaft Ewsiz (Ybbsitz), die dem von Seitenstetten zugehören, als weit die grünt unnd guetter weren in dem Ambt zu Ewsiz im Marckht gehördt alles mit lanndtgericht gen Seyßenegg.

Feuerpolizei

In früheren Zeiten hatten Brände eine besonders verheerende Wirkung, außerdem bestand keinerlei Versicherung. Deshalb wurde jeder Brand strenge bestraft, auch wenn nur Unvorsichtigkeit die Ursache war. In jedem Orte fand eine Feuerbeschau statt, zumeist einmal im Jahr, in Strengherg wurde sie aber "quatemberlich" von einem Vertreter der Herrschaft und von vier Bürgern durchgeführt. In Erla wurden Herdstätten und Rauchfänge monatlich besichtigt. Die unordentlichen Rauchfänge wurden sofort eingeschlagen und die Besitzer außerdem bestraft! hier sind auch Rauchfangkehrer erwähnt, die viermal jährlich ins Haus kamen. Weil das Feuermachen damals recht umständlich und zeitraubend war, holte sich mancher vom Nachbarhause das Herdfeuer. In Oed durfte man nur in einem "assach" (Gefäß) die glimmenden Holzstücke von Haus zu Haus tragen. In St. Peter war es verboten, ein Licht "ân (ohne) latern an Ungewisse" (unsichere) Orte zu tragen Wehe dem Ybbsitzer, der "hei, ströe" oder "schäb" zu einer Schmiede legte, so daß dadurch Feuer entstehen konnte! Dieser mußte ein schweres "wandl" zahlen, ebenso der, der solche Nachlässigkeit wußte und nicht anzeigte. In Waidhofen durfte kein Hausherr nach der Vesperzeit im Stubenofen backen.

Als einziges Beispiel führen unsere Weistümer in Ybbsitz eine Rauchfangsteuer im Jahre 1642 an. Kam es nun trotz aller angeführten Maßnahmen doch zu einem Brande, so mußte der Besitzer des brennenden Hauses auf die Straße laufen und schreien "es print", dann hatte er drei Tage Freiung. In dieser Zeit konnte er beim Richter um Gnade bitten. Fand er kein Gehör, so wurde er erbarmungslos ausgewiesen und mußte z. B. in Strengberg beim Sonnenaufgang des vierten Tages fliehen ,und hatte weder auf dem Wasser noch auf dem Lande eine Freiung zu erhoffen'. Wenn in Amstetten ein Hausabbruch nach einem Brande nötig war, so hatte jeder mitzuhelfen, sonst war er an Leib und Gut der Strafe verfallen und mußte außerdem den zu Schaden gekommenen Nachbarn alles vergüten.

Auch eine Straßenordnung

findet sich in einigen Orten. In St. Peter mußten 14 Tage vor dem Markte das Brennholz und die Kothaufen von den Gassen "fuder" (weg), nur Zimmermannholz durfte liegen bleiben. Jeder Säumige zahlte dem Richter 60 d und dem Nachrichter (Henker, bzw. Gerichtsdiener) 12 d. Es durfte kein “stinkend ding" auf die Gasse geworfen oder gegossen und beim Brunnen kein “unsauber Ding gewaschen werden. Jeder “mittigang" (Raum zwischen zwei Häusern) war mit Brettern zu verschlagen. In Ybbsitz mußte auf Befehl des Richters Holz, Stein und "scharrach" (Gerumpel) binnen 14 Tagen bei sonstigem "wantlel" von 72 d von den Straß verschwinden. In Strengberg durfte Brennholz nur 14 Tage, Bauholz aber vier Wochen auf der Straße liegen bleiben, sonst gab es 24 d zu büßen.

In drei Orten werden die

Schulverhältnisse

der damaligen Zeit erwähnt. In Erla gab es sogar eine Schulpflicht: "und weilen es gott wollgefellig, der jugent aber guet, dass sie in der forcht gottes erzogen und alle tugenden geibt (geübt) werden, solche aber an kainem andern ort alß in den schuelen zu begreifen, also werten die eltern ernstlichen bei der straff ermant, daß sie ihre künter vleißig in die schuel schicken, welche aber zur schuelen nit tauglich sein, dieselben sollen zur künterlehre (Predigt für Kinder) gehalten und geschickt werden."

Der Schulmeister wurde von der Herrschaft Erla erhalten. Die Ybbsitzer mußten dem "gesellen" (Kooperator) und dem "schulmaister" zur rechten Zeit ihren "korn und habern" einsammeln lassen; wer nichts gab, erhielt 72 d “wantlel". Die Strengherger wollten nur einen Mesner, “so schuel helt unl zu chor süngt".

Landwirtschaft

Hierüber geben die Weistümer so manche wertvolle Auskunft. Damals herrschte die Dreifelderwirtschaft vor. Auf die Brachfelder wurde das Vieh getrieben. Die bebauten Felder mussten durch Zäune vor dem Vieh geschützt werden. Wir lesen von "panfridt" (Dorfzaun) und "gemachtfridt" (Zaun zwischen zwei Feldern). Nach dem Seitenstettner Zaunrecht mußte auf jeder Seite des Zaunes ein "zwerchschuech" breit Holz stehen. Die "rechtstecken" (Zaunpflöcke) konnten nur auf der Seite des Besitzers eingeschlagen werden. Vor der Anbauzeit mußten alle Zäune gerichtet sein, dabei half die ganze Gemeinde mit.

Der Viehhüter war gleichzeitig Tierarzt und hatte allein das Recht des Austreibens; so wurden die Leute in Erla bestraft, die selbst ihr Vieh austrieben und damit die Hüterkosten ersparen wollten.

Wenn ein Bauer böswillige Tiere hatte, so mußte er für jeden Schaden aufkommen. Fremdes Vieh durfte im Öder Burgfrieden nicht weiden. In Waidhofen wurden keine Ziegen geduldet. (Die Stadtväter der Eisenstadt schritten also schon damals gegen Meckerer ein!) Dünger und Aecker konnten erst dann nach auswärts verkauft werden, wenn sich im eigenen Orte kein Käufer fand. Die Aubewohner von Strengberg mußten nach einem "uberwasser" (Hochwasser) sofort frisch ackern, wobei die "gewentäcker" (Grenzäcker) dem richtigen "march" (Grenze) nachfolgen mußten.

Jeder Grenzfrevel wurde schwer bestraft - zumeist mit 5 p. In Hollenstein mußten für jeden ausgegrahenen Grenzstein oder abgeschlagenen Grenzbaum 5 p bezahlt werden. Wer in Erla zu nahe an die Grenze hinackerte, büßte 72 d.

Auch die Bäume genossen den vollen Schutz der Weistümer. Für einen ausgegrabenen "pelzerbaumb" (veredelten Baum) zahlte in Seitenstetten der Dieb 5 p für jeden "pelzer on alle parmherzigkeit"! Wenn einer in Strengberg "felber, alber oder ander fruchtber paumb döret" (dürrt), so wurde er für jeden Baum mit 5 p bestraft. Eigenartig ist eine andere Bestimmung aus Seitenstetten: "Wo ainer äcker hat und sein nachpar paumb dabei und die äst des paumbs so weit nider hangen, daß ainer mit dem geschier, (Pflug) durch den paumb nit fahren mag, so soll er seinen nachparn ermahnen und bitten, die äst abzuschlagen. Wuert der aber solches nit thuen, so mag er auf den pflug stellen und mit der hacken sovill abschlagen, alß er mit der hacken erlangen mag, damit er sein fuer (Fuhre) ohne schaden verbringen mög und sein geschier nit zerreiße. Darumb ist er seinen nachparn noch der herrschaft nichts verfallen."

Das Abreden der Dienstboten war auch strafbar. "Es sollen bei dem wandl nit ainer dem andern in den wünkeln die knecht oder diern ausdingen", heißt es in Strengberg. Sagte zu Wallsee ein Dienstbote während des Jahres den Dienst auf, dann bekam er keine Entschädigung, kündigten aber die Brotgeber ohne Grund, so mußten sie den vollen Jahreslohn ausbezahlen.

In früheren Zeiten wurde im Kreise Amstetten auch Weinbau betrieben. Davon zeugen die noch heute erkennbaren Weinberg-Stufen von Markt Ardagger, der Flurname ,Im Weingart' östlich von Erla und das Weistum von Salaberg, das die Weingartenarbeit in den dortigen Weingärten als Robot anführt.

Gerichtsfälle und Strafausmaß.

Bei allen Gerichtsfällen unterscheiden die Weistümer zwischen Orts-, Hof- und Landrichter. Der Ortsrichter ahndete die niederen Vergehen, ebenso der Hofrichter, der nur die Untertanen eines Gutshofes zu bestrafen hatte. Der Landrichter hingegen war das ausübende Organ des Landgerichtes und ihm oblag die Blutsgerichtsbarkeit besonders für Mord, Brandlegung, schweren Diebstahl und Notzucht. Mit Eifersucht wachten die Weistümer darüber, daß sich der Landrichter nicht in die ortsrichterlichen Befugnisse mischte. In vielen Orten durfte der Landrichter nur solange im Orte bleiben, als er Zeit brauchte, um ein "mäßl" Wein zu trinken; dabei mußte er den rechten "fueß aus dem steegreif thuen und der wirt soll dem roß in den zaum greifen und halten".

Wenn der Landrichter einen Strengberger "wolt zeichen (zeihen) einer schult, die er nicht verdient hiet", und trotz dreier Entlastungszeugen den Unschuldigen belangen wollte, so konnte dieser ihn sogar töten und brauchte nur 3 d auf den Leichnam legen. Damit war er gegen weitere Verfolgung gefeit! Dasselbe urwüchsige Strengberger Weistum meldet: "Item, ob es sich begäbe das ainer ain todtfahe (Totschlag) thätte, so ist der thätter nicht mehr dann (als) zwen und sechs ß schuldig. die soll er dem lantrichter zueschicken durch 3 frumb man, ob aber der lantrichter das geld nicht nemen wollt, so soll der thätter es an ain stängl pinden und auf die pruck stecken oder in ain düechl pinden und auf die prucken legen und ain stain darauf, das es der wind nicht weeg wähe und habent damit gefreit ir leib und guet vorm lantgericht."

In jedem Weistum findet sich folgender Rechtsfall: Wenn der Ortsrichter einen Dieb gefangen hatte, konnteer den ganzen Besitz des Diebes behalten und mußte ihn zwei Tage gefangen halten. Erst am dritten Tage sollte dann der Dieb an einer genau bezeichneten Stelle dem Landrichter übergeben werden. War der Landrichter aber nicht an diesem Platze, so wurde er dreimal gerufen. Wenn er auch jetzt noch nicht erschien, dann wurde der Dieb mit einem "rüeghalm" (dieses Wort hat nichts mit Roggenhalm zu tun, wie in einer Abhandlung zu lesen ist, es bedeutet: Halm als symbolische Fesselung eines Verbrechers bei der Uebergabe an ein anderes Gericht) oder mit einem ,kranken’ Zwirnsfaden an den Händen gebunden und laufen gelassen! Solche Uebergabestellen waren: in St. Peter ein Baum am Wiesenbach, in Seitenstetten das Kreuz auf der Bürgerweide beim Spital, in Amstetten das Lederbachbrückl, in Gleiß die Gerichtsstätte von Zell, in Strengberg die untere "gatterseil" (Gittersäule) am Burgfried, in Salaberg die "hoffmarich" (Hofgrenze) gegen Haag oder die Gittersäule in Sau bei Strengberg und in Ardagger die Eiche am Burgfried.

Dies alles zeugt von keinem guten Zusammenarbeiten zwischen Orts- und Landrichter. Ein besseres Verhältnis herrschte in Gleiß, denn hier meldet das Weistum: "Kumbt ain streuchender deup (herumstrolchender Dieb) in die herschaft mit verflohem (gestohlenem) gut, des sol sich der vogt underwinden (bemächtigen), dem lantrichter den deup antwurten (übergeben) und was gut pei im pegriffen wird, das sullen si paid mitainander tailen."

Wurde ein Dieb beim Handgemenge getötet, so konnte dieser Totßchlag durch drei auf die Wunde gelegte Pfennige gefreit werden. Teurer kam schon ein "totwandl" (Strafe für Mord). Die Höhe des "totwandls" schwankte zwischen 72 d und 32 p! Auch hier konnte der Täter sich mit Geld vor dem Landrichter schützen, ja in Amstetten half ihm noch der Marktrichter nach Empfang des "totwandls" zur Flucht vor dem Landrichter!

Dem damaligen Rechtsempfinden entsprechend wurden Schändung und Unzucht zumeist mit dem Tode bestraft. So in Ybbsitz "welchem erbarn man sein tochter oder schwester ân (ohne) sein willen von seinem knecht wirt beschlafen, den soll man puessen mit dem haubt, wan (weil) er sein treu und aid an seinem rechten hern hat zerbrochen." Strengberg weist: "Ob ainer aber junkfrauen oder frauen nottzwunge und si von stunt an (sofort) zu dem vogt oder seinem anwalt liefe und sich des mit dreien warzeichen erklagt, mit strobletem (zerzaustem) haar, bluetigem munt oder zerißen hemet, wann si der warzeichen ains hat, so soll man ihr gegen demselben thätter richten wie recht ist" (d. h. ihn enthaupten).

Gotteslästerer wurden in Seitenstetten ans "creuz" (Pranger) gespannt, in Ybbsitz aber beim erstenmal an Leib und Gut bestraft, beim zweitenmal ans "creuz" gespannt und beim drittenmal aus dem Burgfrieden ausgewiesen.

Die Ausweisung oder Abstiftung wurde außerdem verhängt: in Waidhofen bei Unzucht, in Wallsee beim Zerreißen der Zäune, in Ulmerfeld bei Diebstahl, in Sindelburg und Erla bei schlecht wirtschaftenden Grundholden. Dieser zuletzt angeführte Abstiftungsgrund ist auch im Reichserbofgesetz verankert.

Sehr verschiedene Strafausmaße zeigen unsere Weistümer für alle Arten von Rauferei. Da fällt es am meisten auf, daß damals eine Ohrfeige fünfmal höher ,eingeschätzt’ wurde als ein Faustschlag! Das "wandl" für einen "flachen hantstraich" betrug nämlich in vielen Orten 5 p und das für einen Faustschlag 1 p, also außerordentlich hohe Geldstrafen! Aber in Wallsee waren beide Schläge gleich bewertet mit ,nur' 6 ß 2 d.

In Waidhofen heißt es weiter: "spannt ainer ain armst (Armbrust) in fravl, scheust er darmit und thuet schaden, so ist er der herrschaft zu wandl 60 d, scheut er aber ohn schaden, ist er der herrschaft nichts schuldig."' In St. Peter kostete das “swert zugken an scheden 12 d aus und in" (d. h. beim Herausziehen und Hineinstecken in die Schwertscheide), “bei scheden" betrug das “pluetwandl 60 d". In Seitenstetten bestrafte man einen Steckenschlag mit 12 + 6 ß d, aber das “schlahen mit ain kirchstab (Gehstock für den Kirchweg), so ain stachl und ain ring hat", nur 12 d. Der Wurf mit “stain, hagkn, pleikugeln" oder das bloße Tragen einer geladenen "armst" war eine teure Angelegenheit, die je 5 p ausmachte! Zu Ardagger betrug das "zukhwantlel" (Strafe für das Zucken eines Messers) für einen "aigner" (Einheimischen) 4 ß, hingegen für einen "außer" 11 ß. Besonders streng verurteilten die Ulmerfelder jeden Raufbold, denn "so oft er ain finger krumbt, alß oft ist er verfallen 1 p!” Zu Strengberg kostete ein Schlag mit “tremeln" oder “stecken" 6 ß 2 d und “von ainer armst 12 d in die nuss und 12 d) wider heraus" (die Nuß ist die Stellvorrichtung der Armbrust, aus der die gespannte Sehne schnellt). Sehr kostspielig, nämlich je 5 p, war in Hollenstein das "armbrost scheusen'' und das "hacken aufzeuchen".

Beschließen mögen diesen Ueherblick die köstlichen

14 Enterbungspunkte von Ybbsitz

aus dem Jahre 1484:

"Wie ain kint seines vattern gut verwurcht

Item, es mag ain kint seines vatter und mueter erh woll verwurhen (verwirken) mit 14 dingen: das erst, oh ain son bei seines vattern weib leit (liegt) mit wissen, di sein steufmueter ist, des zeugen wir mit herrn David in der könig buech, da der schön Absolon bei seines vattern frawen lag sundlich mit wissen, damit verwarcht er seines vatters huld und sein erh,

das ander, ob ain son seinen vatter vecht (fängt) und in versleust (verschließt) und stirbt der vatter in der vänknuß (Gefängnis), der son hat sein erb verworcht,

das dritt, ob ain son seinen vatter ruget (anzeigt), das im an sein leib geet,

das viert, ob ain son seinen vatter geslagen hat,

das fünft, ob er in seer und unerlich gescholten hat, wan gott selber spricht in den 10 gepotten: eer vatter und mueter, so lebstu lang auf ertreich,

das sechst, ob ain son seinen vatter zeicht solher ding, die nit erberlich sein und des nit überzeugen (beweisen) mag,

das sibent, ob ain son ain dieb ist oder sunst böse dinge thuet, damit ain erlicher man pillich sein recht verleust, oder ob er wissentlich mit leut wonet, die das selb leben an in habend,

das acht, so der vatter an seinem todtpett leit und der son furcht, der vatter werd sterben und sleust daruber das haus zue, das der pfarrer noch die brueder noch ander freunt nit zu im mugen kumen, damit er sein ding schaff,

das neunt, ob der son ain spillman wiert wider des vaters willen,

das zehent, ob ain son sein purgl (Bürge) icht (nicht) werden will umb zeitlich ding oder gelt,

das ainlift, ob er sein vatter von vanknuss nit ledigen (befreien) will und er es doch woll gethun mag,

das zwelft, ob ain vater unsinig (irrsinnig) wurd von siechtumb wegen und das in der son, so er in unsinig weiß, nit bewart,

das dreizehent, ob ain son seinem vatter sein guet verthuet mer dan (als) halbs mit unfuer (Ungehörigkeit),

das vierzehent, ob ain tochter ain man zu ir lest wider ihres vatters willen."

 

Von den Landgerichten.

Im vorigen Abschnitte wurde bereits angeführt, daß Verbrechen, "die den tot berüren", nicht im Banntaiding, sondern durch das Landgericht gesühnt wurden. Dieses Landgericht war sozusagen die zweite Instanz und wurde von der Herrschaft ausgeübt. Aber nicht jede Grundherrschaft besaß ein Landgericht. Zum Zeichen der Blutsgerichtsbarkeit besaß jedes Landgericht einen Galgen, bzw. ein Hochgericht. Der Henker wurde in den Weistümern "haher" oder "heher" genannt. Sowie in den Banntaidingen gab es auch bei den Landgerichten kein einheitliches Strafausmaß; jedes Verbrechen wurde bei den einzelnen Landgerichten oft grundverschieden bestraft. Die Landrichter waren ausübende Privatbeamte der zuständigen Grundherrschaften.

Die nun folgende Zusammenstellung der Landgerichte des Kreises Amstetten entspricht zunächst dem Endstand des Jahres 1848 und entstammt der Landgerichtskarte im ,Historischen Atlas der österreichischen Alpenländer'.

1. Landgericht Burg Enns:

Dieses Landgericht umschloß in einem großen Bogen folgende Orte: einen schmalen Donaustreifen bei Au (nördlich von Strengberg), dann Erla, St. Pantaleon, Ennsdorf, St. Valentin, Ernsthofen, Weistrach, St. Peter, St. Michael, Seitenstetten und Biberbach. Das Hochgericht (Galgen) stand an der Straße südöstlich von Ennsdorf.

2. Landgericht Schloß Steyr:

Das Landgericht Schloß Steyr bildete im Kreis Amstetten zwei kleinere Landgerichte:

a) Landgericht Behamberg (mit den Orten Behamberg und Kürnberg),

b) Landgericht Allhartsberg.

3. Landgericht Waidhofen a. d. Ybbs:

Das Hochgericht stand am Nordwestende des städtischen Burgfriedens. Im Jahre 1470 erstreckte sich das Landgericht Waidhofen a. d.Ybbs bis an die Urlbrücke bei Aschbach. Hundert Jahre später wurde das Gebiet um Kematen zum Burg Enns gerechnet. Der Sitz des Landgericht Waidhofen war noch im 14. Jhd. in Konradsheim. Erst seit der Zerstörung der Konradsheimer Burg unter Rudolf IV. (um 1360) wurde das Landgericht nach Waidhofen verlegt.

4. Innerhalb des freisischen Landgericht Waidhofen a. d.Ybbs bildeten die beiden Aemter Hollenstein und Göstling einen eigenen Schrannenbezirk, dessen Genze durch längere Zeit wegen der Ansprüche Admonts unsicher waren.

5. Landgericht Salaberg:

Dazu gehörten die Orte Haag, Salaberg, Rohrbach, St. Johann, Bubendorf, Krennstetten, Aschbach, Oehling, das Gebiert von Oed und Strengberg südlich der Reichsstraße sowie Wolfsbach. Das Hochgericht stand im Galgenholz bei Heindorf. Dieses Landgericht wurde 1702 aus dem Landgericht Burg Enns ausgeschieden und als freies Eigen verkauft.

6. Landgericht Nieder-Wallsee:

Hiezu gehörten die Orte Wallsee, Sindelburg, Strengberg und Oed nördlich der Reichsstraße mit Achleiten, Kroisbach und Schweinberg. Das Hochgericht stand im Galgenholz auf dem Galgenberg bei Oed. Die Nordgrenze verlief im 15. und 16, Jhd. inmitten der Donau. Im 17. Jhd. verlegte die Donau ihren Lauf nach Süden. Da entstanden Grenzstreitigkeiten mit dem oberösterreichischen Landgericht Greinburg, das auch weiterhin die Donaugrenze beanspruchte, während Wallsee ander alten Grenze festhielt. 1715 erkannte Grein diese alte Grenze an, jedoch 1826 wurde die Gemarkung wieder in den neugebildeten Hauptstrom verlegt.

7. Landgericht Vogtei Zeillern:

Dazu zählten die Orte Zeillern und Stephanshart. Das Hochgericht befand sich beim Galgenhäusel in Poxhofen.

8. Landgericht Seisenegg:

Dieser Sprengel umschloß die Orte Seisenegg, Preisbach, Eisenreich-Dornach, Amstetten, Stift Ardagger, Markt Ardagger, Kollmitzberg, Viehdorf und Neustadl. Das Hochgericht stand auf den Galgenlüssen bei Dingfurt. Später war Neustadtl ein eigenes Landgericht mit dem Hochgericht auf der Galgenleiten beim Schoberbergkreuz.

9. Landgericht Ulmerfeld

Das Hochgericht stand am linken Ybbsufer in der Nähe von Mauer. Im Jahre 1265 wurde Ulmerfeld von dem großen Landegerichtssprengel Peilenstein (bei St. Leonhard am Forst) abgetrennt. Nachstehende Orte gehörten zum Landgericht Ulmerfeld: Ulmerfeld, Hausmenning, Winklarn, Allersdorf, Schönbichl, Euratsfeld, Neuhofen a. d. Y., Kornberg und Hiesbach.

10. Landgericht Zell a. d. Ybbs:

Dieses bestand aus zwei Landgerichten:

  1. Landgericht Gleiß: Das Hochgericht stand auf den Galgenfeldern bei Gleiß, die Schranne war in Zell a. d. Ybbs.
  2. Landgericht Zell a. d. Ybbs:

11. Landgericht Ybbsitz:

Das Hochgericht befand sich südwestlich von Ybbsitz. Seit 1413 gehörte Ybbsitz zum Landgerichte Seisenegg. 1511 kaufte Seitenstetten von Seisenegg das exempte Landgericht zu Ybbsitz und am Sonntagberg.

Sowohl die Banntaidinge für die niedere Gerichtsbarkeit als auch die Landgerichte für den Blutbann galten, zuletzt im 18. und 19. Jhd. mit wesentlichen Einschränkungen, bis zum Jahre 1848. Die in diesem Jahre einsetzende neue Verfassung brachte gleiches Recht für alle, vertreten durch Staatsbeamte in den staatlichen Gerichten.

Der politische Bezirk Amstetten wurde in die sechs Gerichtsbezirke Amstetten, Haag, Persenbeug, St. Peter, Waidhofen a. d. Ybbs und Ybbs eingeteilt. Später kam der Gerichtsbezirk Ybbs zum politischen Bezirk Melk, der Gerichtsbezirk Persenbeug bis 1938 zum Bezirk Pöggstall und nachher zum Kreis Melk.

Die Sprache der Weistümer und unsere heutige  Bauernmundart.

Wer einen Weistumstext zur Hand nimmt, der muß sich in liebevoller Geduld einlesen. Manchmal ist ein Ausdruck dem Auge zuerst unverständlich, wenn man aber das Schriftbild ,hörend’ auffaßt, so ist zumeist mit einem Schlage die quellfrische Klarheit gewonnen. Man hüte sich aber vor überheblicher ,Schriftgelehrtheit', sonst sind arge Entgleisungen unvermeidlich, denn oft hat ein Wort einen ganz anderen Sinn, als man im ersten Augenblick vermutet. Die treuesten Ratgeber sind irgendein mittelhoch-deutsches Wörterbuch und gründliche Kenntnis unserer blühschönen Bauernmundart.

Ich will nun eine Liste von Weistumsausdrücken folgen lassen, die vor 400 bis 500 Jahren niedergeschrieben worden sind und die noch heute in der Mundart unseres kerndeutschen Bauernvolkes weiterklingen. Diese Aufstellung möge als bescheidene Kärrnerarbeit gewertet werden. Sie will zur Weistumsforschung und zum besinnlichen Einfühlen in die Sprache unserer Vorahnen anregen. Die Zusammenfassung bringt zumeist

1. das Schriftbild der Weistümer

2. das Klangbild der heutigen Mundart (manche Laute, z. B. das dumpfe a, können aus technischen Gründen nicht wiedergegeben werden).

3. die hochdeutsche Deutung 

abbroggen

abrockn

pflücken

aber

awa

aper, schneefrei

abman

aman

abmähen

abstehen

astehn

zugrunde gehn

aften

aft

nachher

aicha

Oacha

Eiche

ainschichtig

oanschichti

einzelstehend

airschöller

Oaschöla

Eierschalen

alber

Alwa

Pappel

alsant

alsant

alle miteinander

amper

Aumpa

Gefäß

anfailen

anfeuln

anbieten

antlaswochen

Antlaswocha

Karwoche

antlaspfinztai

Antlaspfingst

Gründonnerstag

aphalter

Apfolta

Apfelbaum

arbaiß

Arwaß

Erbsen

arsling

---

rücklings

Aschpecker

Aschbacher; so auch:

Wolfsbecker, Kroisbeker

bacht

---

Gebäck

bassen

boßn

abschlagen

bauschen

Bauschn

Lunge

befreunt

befreint

verwandt

pein

Bei

Biene

pelzer

Bölza

Edelreis

pfinztag

Pfingsta

Donnerstag

pierbaump

Birbam

Birnbaum

piertl

Birdl

Holzmaß

pifang

Bifang

Ackerstreif

pinkljuden

---

Hausierer

ploch

Blo

Holzstamm

potzn

Bozn

Knospe

prinnen

brina

brennen

broß

Brost

Knospe

daller

Deula

Teller

tenn

da Denn

die Tenne

tenna

Dena

Tanne

teuf

toif

tief

Traum

Dram

Balken

Tremel

Dreme

Prügel

Trickern

Drickan

trocknen

Trischel

Drischl

Dreschflegel

endl

Ähnl

Großvater

erichtag

Erda, Irda

Dienstag

emper

Empa

Gefäß

fexnen

fexna

ernten

fachtl

Fachtl

Fuhre

faist

foast

fett

felber

Fölwa

Weitle

feuchten

Feichtn

Fichte

fordel

Fordl

Vorteil

fotz

---

Maul

frum

---

gutmütig (bei Tieren)

gach

gachgifti

jähzornig

gaissl

Goaßl

Peitsche

gangsteig

---

Fußweg

ganter

---

Balkengestell

gattern

Gadan

Gitter

gei

---

Gau

gemain

gmoan

leutselig, nicht hochnäsig

geschledter

Gschlada

schlechtes Getränk

gewanten

gwantn

Gewand kaufen

güß

Giaß

Gußregen

glosen

glosn

glühen

gnöttig

gnedi

dringlich

graimet

Groamat

Grummet

grant

Graund

Trog

grassach

Grassad

dürre Zweige

graxen

Krain

Rückenkorb

greinen

greina

schimpfen

gschleif

Gschleif

Fuchsbau

gstetten

Gstödn

Böschung

gugl

---

Kopftuch

habern

Hawan

Hafer

hal

Heu

glatt

halten

haltn

Vieh hüten

hanif

Hanef

Hanf

hantrobbat, robolt

Rowot

Robot

har

der Hoar

Flachs

hindan

hindaun

draußen

hönig

Heni

Honig

inslet

Inslet

Unschlitt

irren

irrn

behindern

iegsn

Iaxn

Achsel

järling

Jaling

l Jahr altes Tier

jauken

jauka

jagen

kliben

kloibn

hacken

lagl

Fäßchen

laubstraifen

Lab stroafa

Laub rechen

letz

böse, schlecht

losen, lusmen

losn

horchen

luss

Lus

Wiese

maiß

Moasch

Jungwald

tnarch, marh

Moa

Grenze

masen

Masan

Narbe

modl

---

Backform

nedten

netn

nötigen

negst

dös negst

vor kurzem

nuesch

Nuasch

Schweinetrog

reiten

roatn

rechnen

ramhaufen

Ramhaufa

dürres Erdäpfelkraut

reisach

Reisa

Reisig

ruck

Ruck

Rauch

runsen

Runsn

Rinnsal

sech

Se

Pfugmesser

ßaich

Soachal

Harn

schab

Schab

Strohbündel

schupfen

Schupfa

Wagenschuppen

schwartling

Schwadling

Brettabfall

schweinper

Benschwein

Zuchteber

sechter

Sechta

kleine Holzbutte

segns

Sengs

Sense

simper

Simpal

geflochtene Backform

strutten

strutn

stochern

überlend

---

Feld in anderer Gemeinde

wampen

Waumpn

Bauch

wasen

Wasn

Rasen

weisat

---

Geschenk

wird

---

Insel

werfel

Werfl

Wasserwirbel, siehe Werfenstein

wid

---

Holz

winnig

winni

toll

wörhaft

werhaft

bewaffnet, Bedeutungswandel: aufgeregt

zeitig

zeiti

reif

zwerch

zwer

quer

zwisel

Zwisl

Astgabel

 

Benütze Quellen:

N. Ö. Weistümer, herausgegeben von Gustav Winter

Gustav Winter, Das n. ö. Banntaidingswesen in Umrissen, Jahrbuch des Vereines für Landeskunde 1914/15

Hans Plöckinger, Beiträge zur Heimatkunde, l. Bd. Angaben über den Kaufwert von p, ß und d

Historischer Atlas der österreichischen Alpenländer

Lexer. Mittelhochdeutsches Handwörterbuch, 1872-78

Josef Buchinger, Die Banntaidinge in den pol. Bezirken St. Pölten Stadt und Land

Alexander Albrecht, Abschrift des Seisenegger Banntaindings aus 1413