DER HEILIGE DIONYSIUS

Wider falsches Denken

Der hl. Dionysius ist der Schutzpatron Frankreichs. Er war Bischof von Paris. Die Legende sieht ihn zusammen mit Dionysius Areopagita, mit dem Schüler des Apostels Paulus.

Dionysius heißt eigentlich, dem Dionysos, dem Gott des Weines und des Rausches geweiht. Doch die Legenda aurea deutet seinen Namen anders. "Es kommt von Diana, das ist Venus, die Göttin der Schönheit; und syos,Gott: als ein schöner gegen Gott. Oder wie etliche sagen, ist Dionysius genannt von Dionysia, welches nach lsidoris ist ein schwarzer Edelstein, der ist gut wider die Trunkenheit. Also fliehet der heftig Fliehende die Weit, da er sie gänzlich verschmähet; er hebt sich empor durch die Betrachtung innerer Dinge." (Legenda aurea 787) In der Gestalt des Dionysius leuchtet die innere Schönheit eines Menschen auf, der für Christus durchlässig geworden ist. Und in ihm wird deutlich, dass der Weg nach innen uns von der Macht äußerer Dinge befreit.

Dionysius wurde 285 während der Christenverfolgung auf dem Montmartre enthauptet König Dagobert ließ seine Reliquien in die Kirche der Abtei Saint-Denis übertragen. Dort wurden künftig alle Könige Frankreichs begraben. Dargestellt wird Dionysius mit dem abgeschlagenen Kopf in der Hand, manchmal auch nur mit der Kopfhaut. Immer hat der abgeschlagene Kopf die bischöfliche Mitra auf. Dionysius – oder wie die Franzosen sagen: St. Denis gilt daher als Patron gegen das Kopfweh. Sein Fest wird am 9. Oktober gefeiert.

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Die Legende erzählt, dass Dionysius, der Apostelschüler, nach Jerusalem gepilgert ist, um Maria, die Mutter Jesu, zu sehen. Er war von ihrer Schönheit ganz hingerissen. Nach dem Tod der Apostelfürsten Petrus und Paulus kam er nach Rom und wurde vom Papst als Missionar nach Gallien geschickt. In Paris bekehrte er viele zum Glauben an Christus. Wenn Feinde ihn vernichten wollten, legten sie ihre Waffen nieder, weil sie von seinem Anblick so fasziniert waren. Der Teufel war neidisch auf ihn und verklagte ihn vor dem römischen Präfekten, der ihn gefangen nehmen und schließlich enthaupten ließ. "Dionysius aber erhob sich alsbald, nahm sein Haupt in die Hände und trug es, von einem Engel geführt und von himmlischem Licht umgeben, zwei Meilen hinweg von dem Ort, der Mons Martyrium genannt ist, zu der Stätte, wo er nach seiner Wahl und Gottes Willen ruhen wollte. Katulla, eine fromme Matrone, die der Heilige bekehrt hatte, eilte ihm entgegen, nahm das Haupt und bestattete dasselbe nebst den Leichnam des Heiligen ehrenvoll." (658)

Zwei Bilder aus der Legende sind für mich wichtig. Da ist der Besuch Marias in Jerusalem, von deren Schönheit Dionysius fasziniert ist. Der Heilige nimmt das Bild der schönen Frau so sehr in sich auf, dass nun auch sein Antlitz Schönheit ausstrahlt. Seine Feinde sind von seinem Anblick so angetan, dass sie die Waffen aus der Hand legen. Sie können seiner Schönheit nicht widerstehen. Offensichtlich hat Dionysius in der Begegnung mit Maria seine anima integriert.

Das hat ihn zum ganzen Menschen und zu einem schönen Menschen werden lassen. Das andere Bild ist der abgeschlagene Kopf, den er in Händen hält. Dionysos hat auch seinen Kopf nicht verloren, als man ihn enthauptet hat. Es ist immer ein schöner Kopf, den er da vor sich hinhält. Und Dionysius ist nach seiner Enthauptung noch die zwei Meilen dorthin gegangen, wo er selbst begraben sein wollte. Selbst die ihn töten, haben keine Macht über ihn. Er geht seinen eigenen Weg. Und er sucht sich sein Grab aus. Für die Alten ist es nicht unbedeutend, wo sie begraben werden. Über dem Grab werden Kirchen - oder wie bei Dionysius ein Kloster - gebaut. Das Grab wird zum Erinnerungsmal an den Sieg des Märtyrers über den Tod und zum Zeichen der Auferstehung. Es waren gerade die Gräber der Märtyrer, die in der frühen Kirche zu Wallfahrtsorten wurden. Man ist dorthin gepilgert und hat seine Taschentücher auf das Grab gelegt, um etwas von der heilenden Kraft des Heiligen für sich zu gewinnen.

Dionysius gilt als Nothelfer für Kopfweh und Kopfkrankheiten. Die Legende mag dafür nur einen äußeren Grund angeben, dass er seinen abgeschlagenen Kopf in seine Hände genommen und dorthin getragen habe, wo er selbst bestattet sein wollte. Die Kunst stellt ihn immer so dar, dass er sein Haupt in der Hand hält. Das hat offensichtlich einen tieferen Sinn. Kopfweh kommt ja oft dadurch zustande, dass wir uns selbst unter Druck setzen, dass wir uns zuviel aufbürden, dass wir zu sehr im Kopf sind und uns mit Grübeleien den Kopf zermartern. Der typische Spannungskopfschmerz tritt häufig "in Lebenssituationen auf, in denen der Mensch unter starkem Leistungsdruck steht oder in kritischen Aufstiegssituationen, die ihn zu überfordern drohen" (Dethlefsen 217). Da steigt einem der Ehrgeiz in den Kopf. Man möchte mit dem Kopf durch die Wand. Der Kopf ist unser sensibelster Warner. Er reagiert sofort mit Schmerzen, wenn unser Denken falsch ist, wenn wir uns den Kopf mit unnötigen Grübeleien zerbrechen. Kopfweh weist uns daraufhin, dass unser Denken nicht stimmt, dass wir unser Denken zu sehr von Ehrgeiz und Perfektionismus bestimmen lassen. Der Perfektionismus muss abgeschnitten werden, damit wir unsern Kopf wieder frei bekommen, damit wir wieder richtig denken können.

Es gibt heute immer mehr Menschen, die an Migräne leiden. Manchmal wird Migräne durch Stress ausgelöst, manchmal durch unterdrückte Konflikte oder verdrängte Wut. Manche reagieren auf Kritik mit Migräne. Oft sind Migränepatienten perfektionistisch und ehrgeizig und sie unterdrücken jede Feindseligkeit. Das alles setzt sich dann im Kopf fest und wird zu einem unerträglichen Schmerz. Dionysius nimmt seinen Kopf in die Hand. Er hält ihn vor sich hin. Er sieht ihn an und drückt ihn an sein Herz. Damit beschreibt die Legende, wie wir mit Kopfschmerzen umgehen können. Wir sollen nicht unterdrückte Wut und die Angst vor Kritik in den Kopfhineinpressen, sondern wir sollen den Kopf anschauen mit all den Gedanken und Gefühlen, die darin herumschwirren. Und wir sollen diese Gedanken an unser Herz halten, barmherzig damit umgehen. Wir sollen Kopf und Herz miteinander verbinden, damit wir nicht kopflastig werden. Unsere Grübeleien sollen wir im Gebet Gott hinhalten. Dann können sie sich wandeln. Die Nothelfer wollen uns nicht nur auffordern, Gott um seine Hilfe anzuflehen. Sie zeigen uns zugleich Wege, wie wir im Vertrauen auf Gott mit unseren körperlichen und seelischen Beschwerden umgehen sollen. Es genügt nicht, Gott einfach nur darum zu bitten, dass er mich von meinem Kopfweh befreien möge. Ich muss wie Dionysius meinen Kopf in die Hände nehmen, Abstand gewinnen zu all dem, was ihn belastet und ihn füllt. Ich muss den Kopf ans Herz drücken, den Verstand durch die Liebe läutern und ihn dann vor Gott hinlegen, damit Gott mich von dem inneren Druck befreien möge, den ich mir selbst auferlege.

Noch ein Zug in der Legende ist für den Umgang mit Kopfweh von Bedeutung. Wenn seine Feinde mit Waffen gegen Dionysius auszogen, dann legten sie sofort ihre Wildheit ab, wenn sie sein leuchtendes Antlitz sahen. Die Klarheit und innere Schönheit des Heiligen hielten seine Feinde ab, gegen ihn zu wüten. Wenn wir von Christus durchdrungen sind, wenn seine Klarheit uns durchstrahlt, dann haben die Aggressionen, die von außen auf uns einströmen, keine Chance, in uns einzudringen. Dann können sie sich nicht festsetzen in unserm Kopf. Dann können wir bei Diskussionen unsern Kopf hinhalten, ohne die negativen Emotionen der andern in uns eindringen zu lassen. Wenn wir Christus in all unsere Gedanken und Gefühle hineinhalten, dann klären sie sich auf. Dann können uns die ungeklärten und unterdrückten Emotionen nicht mehr martern.

Quelle: Anselm Grün

Die 14 Nothelfer als Bilder einer christlichen Therapie

VIER-TÜRME-VERLAG MÜNSTERSCHWARZACH

ISBN 3-87868-596-3

 

Inhalt

hl. 14 Nothelfer

Stift Ardagger