DER HEILIGE BLASIUS

Der Fürsprecher für Angstgeplagte.

Der hl. Blasius war Bischof von Sebaste in Armenien und wurde im Jahre 316 enthauptet.

Sein Fest wird am 3. Februar gefeiert. Sein Name ist vermutlich eine Verstümmelung des griechischen "Basileus = der König, der königliche Mensch". Blasius gilt als Helfer in Halsleiden und bei Erstickungsgefahr. Dargestellt wird er immer in Bischofskleidung, mit Stab und Mitra, und mit zwei in der Art des Andreaskreuzes übereinander gelegte Kerzen. Sie weisen auf den Blasiussegen hin, der dem späten 15. Jhd. entstammt und sich vor allem seitdem 16. Jhd. verbreitet hat. Die Darstellung in Estenfeld folgt dem Schema, das seit dem 16. Jhd. üblich ist. Ursprünglich war Blasius nur mit Kerze und Leuchter dargestellt worden.

Seit dem 12. Jhd. war es üblich, zu Ehren des Heiligen eine Kerze Zu opfern. Davon erwartete man sich Heilung seiner Krankheit.

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Blasius stammte aus Armenien. Er war Arzt und machte bei der Ausübung seines Berufes keinen Unterschied zwischen reich und arm, zwischen Christen und Heiden. Jeden Patienten behandelte er wie einen Bruder und eine Schwester. Das führte dazu, dass die junge Christengemeinde ihn zum Bischof wählte. Als der Kaiser Licinius die Christen verfolgte, versteckte sich Blasius in einer Höhle. Er lebte dort friedlich mit den Tieren und pflegte und verband sie, wenn sie verwundet worden waren. Die Vögel brachten ihm Speise. Als der Statthalter in den Wäldern eine große Jagd veranstaltete, wunderte er sich, dass alle Tiere in die gleiche Richtung flohen und bei Blasius Zuflucht fanden. Blasius wurde gefangen genommen und in den Kerker geworfen. Dorthin brachten die Christen ihre Kranken, damit er sie heile. Ein Knabe, der wegen einer Fischgräte zu ersticken drohte, wurde auf das Gebet des Bischofs hin sofort wieder gesund. Im Gefängnis wurde Blasius gefoltert. Dann wurde er in einen Teich geworfen. Aber Blasius machte das Kreuzzeichen darüber und so wurde das Wasser zu trockenem Land. 65 Mann eilten ihm nach. Aber da wurde das Land wieder zu Wasser und sie ertranken alle. Schließlich wurde der Heilige enthauptet.

"Ehe man ihn aber tötete, betete er zu Gott, dass die Bitten aller Menschen, die ein Leiden an ihrem Hals oder sonst eine Krankheit hätten und in seinem Namen Gesundheit begehrten, erhört würden". (Melchers 85) Blasius ist der gütige Mensch. Er lebt nicht nur im Einklang mit sich, sondern auch mit den Tieren. Mit ihnen hat er freundschaftlichen Kontakt. Er heilt ihre Wunden und sie nähren ihn.

Das ist ein schönes Bild menschlicher Selbstwerdung. Blasius ist der königliche Mensch und der Arzt. Er ist der freie Mensch und der heilende. Von ihm geht Heilung aus sogar auf die Tiere. Die Tiere stehen für die Triebe, für Vitalität und Sexualität. Die Triebe sind oft genug verwundet durch eine allzu rigorose Erziehung oder durch mangelnde Disziplin. Blasius heilt mit seinem Verstand, mit seinem ärztlichen Wissen, die Wunden der Tiere, die Wunden, die seine Triebe schwächen oder aber aggressiv machen, so dass sie für ihn gefährlich werden könnten. Wenn die Triebe geheilt sind, dann sorgen sie für ihn, dann geben sie ihm Nahrung und Kraft. Die Wunden, die die Menschen ihm zufügen, können ihm nicht schaden. Selbst das Wasser, ein Symbol für das Unbewusste, kann ihn nicht verschlingen. Wasser wird für ihn zum trockenen Land, über das er mühelos gehen kann. So ist Blasius für uns eine Verheißung, dass auch wir uns mit all dem Triebhaften, mit unserer Vitalität und Sexualität, aussöhnen können, dass die Triebe uns zum Leben antreiben, uns nähren und unserer Lebendigkeit dienen. Die Legenda aurea leitet den Namen Blasius von blandus = süß ab.

Wer wie Blasius von Gottes Geist durchdrungen ist, in dem wird alles süß. Da hinterlässt auch die Sexualität keinen bitteren Geschmack mehr. Alles in ihm verwandelt sich in Süße. Auch die wilden Tiere in ihm werden zahm und süß, milde und zärtlich.

Blasius wird bei Halskrankheiten und bei Erstickungsgefahr angerufen. Beides sind Nöte und Wunden, die wir alle kennen. Der Hals ist ja ein sehr sensibler Bereich. Manchmal ist unser Hals vor Angst zugeschnürt. Wir können nicht richtig atmen und sprechen, weil uns die Angst die Kehle zudrückt. Wir bekommen keine Luft mehr. Wir fühlen uns eingeengt. Grund dieser atemberaubenden Beklemmung ist eine Angst, die wir uns oft selbst nicht erklären können. Die Angst kann von der Enge im Geburtskanal oder von ändern traumatischen Erfahrungen in der Kindheit herrühren. Sobald eine Bedrohung von außen kommt, steigt diese Angst in uns hoch und engt uns ein. Manche Menschen lösen in uns eine oft unerklärliche Angst aus.

Der kranke Hals kann aber auch darauf hinweisen, dass wir etwas verschluckt haben. Wir haben zuviel geschluckt. Wir haben Verletzungen und Kränkungen heruntergeschluckt. Wir haben uns nicht gewehrt gegen die Kränkungen. Jetzt sind wir vor lauter Kränkung krank geworden.

Manchmal äußert sich der kranke Hals im Husten. Der Husten zwingt uns, all das herauszubellen, was wir zu lange geschluckt haben. Jetzt endlich zwingt uns das Halsweh und der Husten, uns gegen die Kränkungen zu wehren. Sonst würden wir an unserem inneren Kloß ersticken. Manchmal bekommen wir keine Luft mehr. Es gibt Menschen, die uns die Luft wegnehmen. In ihrer Nähe bleibt uns die Luft weg. Da können wir nicht mehr frei atmen. Viele leiden heute unter Asthma. Manche erleben Asthmaanfälle oft als lebensbedrohende Erstickung. Asthma hat oft auch eine psychische Komponente. Oft durften solche Menschen als Kinder nicht frei durchatmen. Es herrschte eine erstickende Atmosphäre. Man durfte nicht anders denken als die Eltern. Man durfte sich nicht den eigenen Freiraum erkämpfen. Manchmal taucht so ein Erstickungsanfall gerade dann auf, wenn uns Menschen zu nahe kommen, die wir als einengend und bedrohlich erleben. Irgendetwas krallt sich dann in uns fest, so wie die Fischgräte im Hals des Jungen, den Blasius geheilt hat. Wir können die Angst, die sich da in uns festkrallt, oft gar nicht benennen. Und vor allem können wir sie weder runterschlucken noch ausspucken. Sie sitzt fest und lässt uns fast ersticken. Ich kenne eine Frau, die ihr Asthma in der Therapie angeschaut und die viel an sich gearbeitet hat. Trotzdem überfällt sie immer wieder einmal ein Asthmaanfall. Im genaueren Hinsehen hat sie erkannt, dass die Erkenntnis allein offensichtlich nicht genügt. Sie braucht anscheinend noch einige Zeit das Asthma als Erinnerung dafür, dass sie wirklich durchlässig werden soll für das Leben, für die Liebe, anstatt an sich selbst festzuhalten.

Die Unfähigkeit, das Asthma durch Therapie in den Griff zu bekommen, könnte uns gerade auf einen andern Weg weisen, auf den Weg der spirituellen Therapie, wie sie uns der hl. Blasius aufzeigt. Der hl. Blasius lädt uns ein, uns mit unserer Enge und Angst, mit all dem Verdrängten und Unterdrückten, mit all dem Heruntergeschluckten und mit unserer Angst vor dem Ersticken vor Gott zu treten und es Gott hinzuhalten. Im Hals will der Atem, will das Leben, will die Liebe fließen. Aber mit unserem Willen allein können wir den Atem nicht fließen lassen. Wir brauchen das Vertrauen, dass Gott uns liebevoll berührt gerade in unserer Ohnmacht, uns selbst loszulassen und durchlässig zu werden für das Leben und die Liebe. Gerade wenn wir trotz Therapie mit unserem Asthma nicht weiter kommen, kann uns der hl. Blasius darauf verweisen, dass wir uns mit unserer Angst und Enge, mit unserer Ohnmacht und mit unseren Erstickungsanfällen an Gott wenden und uns in Gottes heilende Liebe halten, im Vertrauen, dass sie uns zu heilen vermag.

Im Blasiussegen mit den brennenden Kerzen hält uns Gott seine liebende Wärme an unseren erkälteten und zugeschnürten Hals, um uns von allem zu befreien, was wir verschluckt haben, um die Fischgräte herauszuziehen, die sich nicht nur im Hals, sondern in unserer Seele eingekrallt hat. Viele Priester haben den Blasiussegen abgeschafft, weil sie meinen, sie könnten diesen abergläubigen Gestus den Menschen von heute nicht mehr zumuten. Aber es geht hier nicht um Magie und Aberglauben, sondern um das Vertrauen, dass ich zu Gott mit meinen ganz konkreten Nöten kommen darf. Der Segen mit den überkreuzten Kerzen ist ja schon eine liebende Zuwendung. Der Hals ist das liebesbedürftigste Organ des Menschen. Am Hals möchten wir am liebsten gestreichelt werden. Die Kirche des Mittelalters hat auf so elementare Bedürfnisse Rücksicht genommen, indem sie die gekreuzten Kerzen mit ihrer Wärme an den Hals gehalten und ein Gebet um Heilung gesprochen hat.

Indem ich Gottes Liebe an meinen zugeschnürten Hals halte, kann sich die Angst lösen. Der Kloß, der in mir stecken blieb, kann zergehen und ich kann wieder frei atmen, weil ich mich mit meiner tiefsten Sehnsucht angenommen und geliebt weiß. Ein Missionar erzählte mir, dass in Afrika die Kirchen am 3. Februar immer überfüllt sind. Da strömen die Menschen herbei.

Offensichtlich entspricht der Ritus des Blasiussegens ihrem tiefsten Bedürfnis und ihrer Sehnsucht nach Heilung, nach einem weiten und freien Atem.

Quelle: Anselm Grün

Die 14 Nothelfer als Bilder einer christlichen Therapie

VIER-TÜRME-VERLAG MÜNSTERSCHWARZACH

ISBN 3-87868-596-3

 

Inhalt

hl. 14 Nothelfer

Stift Ardagger