Heimatkundliche Beilage im Jahre 1995
(OFÖ Ing. Leo Baumann)
Die Entstehungsgeschichte dieses Artikels ist interessant und hatte ursprünglich nur den Zweck, die Restaurierung des Schlosses aufzuzeigen. Sie ist jedoch gleichzeitig eine Dokumentation des Interesses an der Erhaltung alter Kulturdenkmäler einerseits und der Hilfsbereitschaft der Menschen andererseits. Im Jahre 1955 übernahmen die beiden Töchter des damaligen Eigentümers Gustav ITA, Johanna und Dr. Brunhilde ITA, das Gut Stift Ardagger. Nachdem der Grundbesitz vorwiegend aus Forstwirtschaft bestand, war ein Forstmeister vorhanden, der in Anbetracht seines Alters jedoch kränklich wurde und somit die Aufsicht nicht mehr durchführen konnte. Es wurde ein neuer Forstbetreuer gesucht. Am l. Oktober 1957 begann ich als forstlicher Berater und bin in dieser Funktion heute noch tätig.
Am 14. Dezember 1982 verstarb ganz plötzlich Frau Johanna ITA, und so wurden die ihr gehörigen 50% des Besitzes an die nächsten Verwandten - Schwester, Neffen und Nichten - vererbt. Da die Nichten wenig Interesse an einem land- und forstwirtschaftlichen Betrieb hatten, verkauften sie ihren Anteil an die Neffen, Herrn Dr. Heinrich ITA und Dkfm. Gerhard ITA, die heute gemeinsam mit Dr. Brunhilde ITA die Eigentümer sind.
Das Schloss war nach der Versteigerung im Jahre 1811 mehr oder weniger lang in verschiedenen Privatbesitzen, und erst mit dem Kauf des Industriellen Gustav ITA begannen sich die Besitzverhältnisse zu stabilisieren. Es ist daher leicht erklärbar, dass, außer für das Dach und für die Außenfassaden mit Fenstern und Türen, nicht viel Geld ausgegeben wurde. Die Türen fielen aus den Angeln, die Fenster waren teilweise ohne Scheiben und die vom Verputz entblößten Mauern, Steine und Ziegel waren willkommene Spielplätze für die Vögel. Es war höchste Zeit für eine Generalsanierung, aber wie und mit welchen Mitteln?
Nachdem ich schon so lange hier fast zu Hause bin und das Verhältnis zur Gutsherrin auch äußerst gut war, fühlte ich mich als derzeitiger Verwalter verpflichtet, etwas zu unternehmen.
Zufällig hatte ich im Jahre 1983 im Reader's Digest von einer Gruppe Idealisten gelesen, die in Rottweil alte Häuser vor dem Verfall retteten und wieder original restaurierten. Damit wurde auch zur "Freude der Bewohner und der Gäste das Stadtbild verschönert. Mit dieser Gruppe nahm ich Kontakt auf, um mich nach dem „Geheimnis" zu erkundigen, das Menschen verlockt, freiwillig für eine Sache anderer zu arbeiten. Die rasche und einfache Antwort, die ich erhielt, war - „Motivation". So begannen wir im Herbst, mit 3 Mann, den Kanal zu verlegen, was keine einfache Arbeit war, da wegen des engen Schlosstores keine Maschine in den Hof fahren konnte und daher alles händisch gegraben werden musste. Wir bauten 9 Schächte und verlegten 225 lfm Kanalrohre. Den Winter darauf ging ich auf die Suche nach motivierten Arbeitskräften und konnte kaum glauben, dass es in einer Zeit des Wohlstandes, wo das eigene Ich im Vordergrund steht, noch so etwas gibt. Die angeschlossene Liste der Mitarbeiter ist der Beweis. Die ersten Einsätze waren mit einer Pfadfindergruppe aus Aschbach ausgelastet, und so nach und nach bekamen wir alle notwendigen Facharbeiter bzw. Arbeiter, die für andere Zwecke eingesetzt werden konnten.
Das Werk ging rasch voran, und in zwei Jahren hatten wir ca. 7.000 Stunden gearbeitet und dabei folgendes zuwege gebracht: 2000 m2 alter Putz wurde abgeschlagen, die Mauer gereinigt, die Löcher ausgemauert, überspritzt und dann verputzt. Zu diesem Zweck löschten wir in eigenen Kalkgruben jährlich 3.000 kg Branntkalk. Die Gesimse wurden mit Hydrauler - das ist ein Mörtel, wo der heiß gelöschte Kalk wie vor 1000 Jahren bei den Burgen und Schlössern verarbeitet wurde - ausgebessert. Alle Granitfensterstöcke wurden mit einer Drahtbürste gereinigt, viele mussten jedoch mit einer Steinmasse ausgebessert werden. 7 Tore und Türen, 46 Fenster mit 94 Flügeln und 242 Scheiben sowie 341 lfm Dachrinnen (meist Kupfer) wurden gänzlich erneuert; 13 Türen, 63 Fenster mit 161 Flügeln wurden abgeschliffen, ausgekittet und dreimal gestrichen und 459 Scheiben erneuert. Weiters wurde im Innenhof an der Südseite eine Sonnenuhr entdeckt, die es in dieser Art nur dreimal gibt und zwar in Görlitz, Oppenheim und Stift Ardagger (Broschüre über die Sonnenuhr in Stift Ardagger v. Baumann). Diese Sonnenuhr war schon über 100 Jahre übermalt, und nur der einsame Polstab zeigte von ihrem Vorhandensein. Sie wurde mit Hilfe des Bundesdenkmalamtes von der akademischen Malerin Christine Sopar restauriert. An der Vorderseite waren über den offenen Sprenggiebeln einfache Malereien zu erkennen, welche nach Fertigstellung der Fassade von der akademischen Malerin Sylvia Pflüger mit Hilfe des Bundesdenkmalamtes restauriert wurden. Gerne denke ich an die interessanten Aussprachen mit Herrn Dr. König zurück. Das Salettl, ein ehemaliger Eckturm im Südwesten des alten Klosters, wurde ebenfalls generalsaniert, die Mauern z.T. und die Holzdecke, der Holzfußboden und die schönen Balkonfüllungen sowie das Dach gänzlich erneuert. Oberhalb des Daches wurde ein Kamin neu verputzt, ein weiterer um 2 m erhöht - immerhin haben sie eine Höhe von 20 m. Die elektrischen Zuleitungen und die Telefonanschlüsse wurden in die Erde verlegt. Im Schlosshof wurde mit den vorhandenen großen Pflastersteinen ein neuer Eingangsweg angelegt; der Eingang und die Arkaden wurden mit neuen handgeschmiedeten Beleuchtungskörpern versehen. Die Stiege zum Pfarrhof wurde erneuert. Im Schlosshof wurden an der Nordseite die alten Muster wieder aufgemalt, sodass der Hof einen wohltuenden und erhebenden Anblick bietet. Der Hof hat die Form eines unregelmäßigen Trapezoides, dessen westliche Seite offen ist - daher erklärt sich auch die gute Akustik bei Konzerten.
Am 31. Mai 1986 wurde dann der Abschluss der Arbeiten festlich begangen. Kons.R. Karl Ramharter zelebrierte eine Feldmesse, die von der Jagdhornbläsergruppe Nr. l Windhag, unter der Leitung von Dr. Wagner, musikalisch umrahmt wurde. Hofrat Dr. Robert Lichal hielt die Festrede und überreichte die Ehrenurkunden an die Mitarbeiter. Der Empfang des Landeshauptmannes von NÖ, Siegfried Ludwig, machte das Fest für jeden Besucher zum Erlebnis.
Dieser Artikel sollte schon lange fertig sein, doch kam leider immer wieder etwas dazwischen. Er möge für alle Mitarbeiter als Dank und Anerkennung dienen und eine schöne Erinnerung an diesen Einsatz wach rufen. Besonders möchte ich auch den beiden Mitarbeitern, Herrn Kons. R. Karl Ramharter und Herrn Prof. OSR Franz Steinkellner, für ihre tiefgreifenden Beiträge danken.
Die Mitarbeiter bei der Restaurierung des Schlosses in Stift Ardagger 1983 bis 1986:
Berger
Franz
Habersdorf
Bauer
Berger
Franz
Kollmitzberg
Landesbeamter
Braunshofer
Vinzenz
Eisenreichdornach
Bauer
Büchler
Franz sen.
Stift Ardagger
Tischler
Büchler
Franz jun.
Stift Ardagger
Schweißer
Büchler
Alfred
Stift Ardagger
Maurer
Dorner
Nanni
Stocka
Hausfrau
Dorner
Franz
Stocka
Bauer
Ebretsteiner
Alfred
Linz
ÖBB-Beamter
Enengl
Walter
Markt Ardagger
Fleischer
Enengl
Mandi
Markt Ardagger
Maurer
Göbl
Karl
Stift Ardagger
Postbeamter
Grabenschweiger
Franz
Leitzing
Bauer
Haider
Georg
Stift Ardagger
Landesbediensteter
Haider
Leopold
Stift Ardagger
Gendarmeriebeamter
Hausberger
Leopold
Neuhofen/Ybbs
Bauer
Hintz
Bernhard
Stift Ardagger
Maler
Hopf
Karl
Stift Ardagger
Bauer
Jetzinger
Leopold
Stift Ardagger
Bauer
Kotlehenbauer
Neuhofen/Ybbs
Bauer
Königshofer
Rudi
Leitzing
Angestellter
Kriener
Karl
Stift Ardagger
Postbeamter
Kücher
Franz Ing.
Amstetten
Oberförster
Leinweber
Josef
Stift Ardagger
Dachdecker
Leitner Friedrich jun.
Amstetten
Glaser
Leitner
Friedrich sen.
Windpassing
Bauer
Leitner
Rosi
Amstetten
Schneiderin
Mayrhofer
Josef
Neuhofen/Ybbs
Bauer
Meisinger
Johann
Stift Ardagger
Bauer
Nabecker
Josef
Kollmitzberg
Bauer
Pissenberger Heinrich
Stift Ardagger
Bauer
Roll Helfried
Öhling
Landesbeamter
Schelch Karl
Amstetten
Mechaniker
Schoder Kurt
Amstetten
ÖBB-Bediensteter
Schöllenbauer
Franz
Stift Ardagger
Privatbediensteter
Schuller
Karl
Neuhofen/Ybbs
Bauer
Stingl
Josef
Stift Ardagger
Bauer
Wadsak
Karl
Hainstetten
Schlosser
Weiß
Peter Ing.
Zeillern
Installateurm.
Weniger
Herbert
Stift Ardagger
Lehrer
Zakrajsek
Georg Dr.
Wien
Notar
Zechmeister
Anton
Stift Ardagger
Pensionist
Zechmeister
Werner
Stift Ardagger
Gendarmeriebeamter
Foto: Schlosseinfahrt ... ein gelungenes Werk