Nr. 23 1. März 1974 3.Jahrgang

Die Marktgemeinde Zeillern

(Volksschuldirektor OSR. Franz Steinkellner)

Die Marktgemeinde Zeillern umfasst 21,47 km2 und hat derzeit 1505 Einwohner in 298 Häusern. Sie liegt im Hügelland nordwestlich von Amstetten und weist, was die Landschaftsnutzung betrifft, fast zur Gänze bäuerliche Struktur auf. Die Höfe liegen größtenteils einzeln, teilweise aber auch in kleinen, bäuerlichen Weilern beisammen, die ihrerseits wieder aus jeweils einem einzigen Urhof entstanden sind. Nur der Markt Zeillern selbst, der durch Stiftung von Hofstätten aus ehemaligem Dominikalgrund der Herrschaft Zeillern entstand, dann Oberzeillern, das von Anfang an als bäuerliche Siedlung für 6 Höfe gegründet worden sein muss, wozu später noch 2 Höfe, in Randlage hinzustießen, und schließlich Ludwigsdorf, das erst in den Jahren von 1836 - 1838 als Siedlung ohne landwirtschaftlichen Charakter auf ungenutzten Rodungsparzellen des Herrschaftsgrundes entlang der Bundesstraße 1 entstanden ist, weichen von dieser Struktur ab.

Die wirtschaftliche Bedeutung der Gemeinde liegt hauptsächlich in der landwirtschaftlichen Nutzung des Bodens, und umfasst die ganze Palette landwirtschaftlicher Produkte, die für das westliche Mostviertel charakteristisch sind. Dabei ist es so, dass sich die meisten Höfe noch die Vielfältigkeit der Erwerbstätigkeit, die aus Acker, Vieh und bäuerlichem Wald resultiert, bewahrt haben. Mehr als die Hälfte der Bewohner sind jedoch heute schon Unselbständige, die in den wenigen, meist gewerblichen Betrieben der Gemeinde zu wenig Arbeitsplätze finden, und in der Hauptsache in Amstetten Beschäftigung gefunden haben. Der einzige Zeillerner Betrieb, der über 40 Beschäftigte hinausgeht, ist die Baufirma Lehner.

Man sagt den Zeillernern nach, daß sie es verstehen, Feste zu feiern. Dazu hilft die Musikkapelle tatkräftig mit. Eine Gruppe des "Ländlichen Fortbildungswerkes" und eine weitere des "Katholischen Bildungswerkes" bringen Bewegung ins kulturelle Leben der Gemeinde. Den schönsten Erfolg aber erzielte der Markt, als er in den Jahren 1970, 1971 und 1972 dreimal hintereinander Landessieger unter den am schönsten mit Blumen geschmückten Orten Niederösterreichs wurde, und 1973 den fünften PIatz im gesamten Bundesgebiet errang.

Sehenswert ist die Kirche zum hl. Apostel Jakobus d. Älteren, die unter Einschluß von Bauteilen der romanischen Epoche in der Zeit um1380 zunächst einen frühgotischen, und dann bis 1460 einen hochgotischen Umbau erfuhr, der von dem Rittergeschlecht der Seisenegger in die Wege geleitet wurde. Das Schloß Zeillern mit seinem Renaissance-Saal ist eine weitere Sehenswürdigkeit. Vom lokalhistorischen Standpunkt ist auch das Türkenmarterl an der Bundesstraße 1, westlich Ludwigsdorf interessant, das an die glückliche Heimkehr der "Öhlermüllerin" und zweier anderer Frauen aus der türkischen Gefangenschaft erinnert. Die älteste Entwicklung des Ortes hängt sicher mit der Urkunde des Jahres 863 zusammen, in der Ludwig der Deutsche dem Kloster Nieder-Alteich den unter Lugwigs Großvater, Karl erworbenen Besitz im Ennswald, der zwischen Donau, Ybbs und UrI liegend angegeben wird, bestätigt. Dieser Besitz lag zwischen dem "Scalcobach", der mit de heutigen Engelbach identisch zu sein scheint, und dem Cidalaribach, dem heutigen Zeitelbach. Das Kloster besaß aber nicht das ganze Land zwischen den beiden Bächen, sondern nach des verstorbenen Pfarrers Katzelberger und meinen Forschungen, vermutlich 3 Besitzgruppen in diesem Raum, nämlich den späteren Tegernseerbesitz zu Strengberg, das Gebiet von Bergern bei Wallsee und das Gebiet von Markt und Herrschaft Zeillern. Wie lange das Kloster diesen Besitz innehatte, ist nicht bekannt. Möglicherweise ist er in den wechselvollen Kämpfen zwischen Bayern und Ungarn durch Herzog Arnulf von Bayern (907-937) dem Kloster enteignet worden, der seine militärischen Führer und Günstlinge mit Klostergut zu entschädigen pflegte, wie der spätere Abt Hermann von Nieder-Alteich in den "Institutionen des Klosters Altaich" mit Bitterkeit vermerkt. Freilich ist diese Erklärung wenig befriedigend, denn der Besitz des Klosters am Cidalaribach lag ja seit 907 im Herrschaftsbereich der Ungarn. Wenn aber diese den Besitz entfremdet hätten, warum hat dann das Kloster nach 955 nie Restitutionsansprüche gestellt? Es wird kaum möglich sein, darüber restlose Klarheit zu erlangen.

Auch in den nächsten 300 Jahren bleibt das Schicksal der Siedlung ungewiß. Sicher ist nur, dass Zeillern in dieser Zeit in eine weltliche Herrschaft umgewandelt wurde, als deren erster namentlich bekannter Besitzer Herr Hartneid von Traun auf Eschelberg und Zeillern aufscheint (1233). Bis zum Jahre 1330 blieb sie im Besitz der Traun.

Dann verkaufte sie Ulrich II. v. Tr., Pfarrer zu Waldkirchen, im Einverständnis mit seiner Schwester Agnes, der Witwe des Hertneid von Hut, und den Kindern seiner verstorbenen Schwester Gertraud, die mit Konrad von Kremsdorf verheiratet gewesen war, an Jans von Capell. Möglicherweise war im Kaufvertrag eine Rückkaufklausel, denn Jans von Capell, für den Zeillern nur eine von vielen Herrschaften war, überließ sie dem Ulrich von Kremsdorf, einem Sohn der vorgenannten Gertrud v. Tr., der sich am 1. 11. 1361 mit Sofia Walch, einer Tochter des Pilgram Walch, landesfürstlichen Pflegers zu Freistadt, vermählte.

Im Lehenbuch des Herzogs Albrecht III.(1380-1394) erscheint dann Wernhard von Seisenegg mit "Haus und Dorf Zeillern" belehnt. Rund 100 Jahre blieb Zeillern im Besitz der Seisenegger. Die Geschwister Dorothea, Bernhard und Jörg besaßen es dann gemeinsam. Dorotheas Anteil ging auf ihren Stiefsohn Jakob Hinterholzer über. 1503 erwarb Andreas Krabat von Lappitz die Hälfte von dem vorhin genannten Jörg, Freiherrn von Seisenegg, seinem Schwiegersohn. Von Andreas erbte sie 1506 dessen Sohn Hans, von diesem 1536 sein Sohn Kornelius und dann dessen Sohn Hans. Andrä, der 1567 17-jährig starb. Nach seinem Tod gab es verschiedene Erben. 1571 scheinen Christoph und David von Teuffenbach im NÖ. Gültbuch als Besitzer auf, von denen sie 1577 Albrecht von Enenkl erwarb. 1592 kaufte sie Philipp Jakob von Grüntal und 1607 ging sie in den Besitz des Wolf Friedrich Grafen von Tattenbach über. Unter ihm wurde Zeillern 1633 zum Markt erhoben.

Das Schloß wurde im Renaissancestil umgebaut. Von Zeillern aus, wo er als Hofmeister des Grafen von Tattenbach wirkte, unternahm damals der berühmte steirische Topograph Martin Zeiller mehrere Reisen, die er in seinem "Itinerarium Germaniae" (Straßburg 1632) beschrieb. Er schrieb auch die Texte zu Merians "Top. Prov. Austr." (1649). Die Brüder Wolf Christoph und Siegmund Friedrich von Tattenbach, beide Protestanten, verkauften Zeillern 1664 an den Grafen Konrad Balthasar von Starhemberg. Die Hälfte blieb dann bis 1848 im Besitz dieses Geschlechtes. 1867 ging das Schloß an bürgerliche. Privatpersonen über. Zum Gemeindegebiet von Zeillern gehört auch der größte Teil des Gefechtsfeldes vom 5 . Nov. 1805, wo die Nachhut der Kutusow-Armee den vordringenden Franzosen erbitterten Widerstand leistete.