DER HEILIGE CYRIAKUS

Der Beistand bei Besessenheit

 

Cyriakus erlitt um das Jahr 309 unter Diokletian den Martertod. Sein Fest wird am. 8. August gefeiert. Cyriakus heißt: "dem Herrn gehörig" Er wird dargestellt als jugendlicher Diakon mit einem gefesselten Dämon. Manchmal liegt der Teufel oder Drache gekrümmt unter den Füßen des Heiligen, manchmal hält ihn der Heilige am Strick. Meistens trägt er das Buch, das Wohl als Exorzismusbuch gedacht ist. Oft trägt er auch eine Palme in der Hand, als Zeichen für seinen Sieg im Martyrium. Und in manchen Darstellungen ist zu seinen Füßen klein die Tochter des Kaisers Diokletian abgebildet, die er von ihrer Besessenheit geheilt hat.

Der Künstler von Estenfeld hat Cyriacus als jugendlichen Diakon dargestellt, der recht lässig den Dämon am Band hält, der spielerisch mit ihm umgeht. Er zeigt uns, dass der Dämon nicht so furchterregend ist, wie er sich manchmal zeigt, sondern dass man ihn beruhigt mit sich herumführen kann. Diese Figur des Cyriacus lädt ein, ihn, den Patron gegen Anfechtungen und Besessenheit, anzurufen und im Blick auf ihn zu vertrauen, dass Gottes Macht stärker ist als die Macht des Bösen.

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Die Legende erzählt, dass der Diakon Cyriakus von einem reichen Mann zu den Zwangsarbeitern gesandt wurde, die beim Bau der diokletianischen Thermen in Rom eingesetzt waren.

Er sollte ihnen helfen und ihr grausames Los lindem. Cyriakus nahm den Arbeitern ihre Lasten ab und ermunterte sie. Die Aufseher staunten darüber und meldeten es dem Regenten Maximian. Der ließ ihn ins Gefängnis werfen.

Als einige Blinde in den Kerker kamen, heilte sie Cyriakus, indem er den Namen Christi anrief. Die Tochter des Kaisers Diokletian war vom bösen Geist besessen. Als der Kaiser von dem Wunder hörte, das Cyriakus an den Blinden gewirkt hatte, ließ er ihn kommen, um das Mädchen zu heilen. Cyriakus befahl dem Teufel, aus dem Mädchen auszufahren. Da bekannte es ihren Glauben an Christus und Cyriakus taufte sie. Der Kaiser staunte über dieses Wunder. Aber er verschloss sich dem Glauben. Immerhin ließ er den Cyriakus in Frieden.

Als aber Maximianus dem Kaiser Diokletian in der Regierung folgte, ließ er Cyriakus vor den Richterstuhl bringen. Als der Diakon sich weigerte, den Göttern zu opfern, ließ er siedendes Pech über sein Haupt gießen. Aber das konnte ihm nicht schaden. So ließ er Cyriakus schließlich nach vielen Foltern enthaupten. "Der Statthalter aber nahm sich das Haus des Cyriakus und richtete an der Stelle, wo der Taufbrunnen stand, ein Bad ein. Als er sich dort mit neunzehn seiner Freunde versammelte, badete und ein Mahl hielt, siehe, da starben sie plötzlich alle eines jähen Todes. Darauf wurde das Bad geschlossen und die Heiden fingen an, die Christen zu fürchten und in Ehren zu halten." (Melchers 496) Cyriakus wird vor allem bei Besessenheit angerufen, weil er die besessene Tochter des Kaisers geheilt hatte. Viele meinen, Besessenheit sei eine typische Krankheit abergläubiger Zeiten. Aber es gibt heute viele Menschen, die besessen sind von fixen Ideen, von fanatischen Vorstellungen, von Ängsten und Zwangsvorstellungen. Sie leiden unter ihren Zwängen. Aber sie können nicht anders, als ihre Zwänge zu erfüllen. Der eine steht unter dem Zwang, sich ständig zu waschen, sobald er einen Türgriff angefasst hat. Der andere muss zehnmal zur Haustüre gehen, um zu kontrollieren, ob sie wirklich geschlossen ist. Ein anderer ist besessen von seiner Angst, er könnte Krebs bekommen oder mit dem Auto verunglücken. Ein anderer ist beherrscht von seinen Emotionen, die er nicht loswerden kann, von Verletzungen, die ihn völlig in Beschlag nehmen. Cyriakus befreit die Tochter des Diokletian von ihrer Besessenheit, in dem er den Namen Christi anruft und dem Teufel befiehlt, das Mädchen in Ruhe zu lassen. Es braucht eine andere Macht, um sich von fremden Mächten zu befreien. Es braucht die Beziehung zu Gott, um mich von Götzen loszusagen. Es braucht die Nähe zu Jesus Christus, um die Nähe destruktiver Gedanken und Gefühle zurückzudrängen. Wenn ich wie Cyriakus dem Herrn gehöre, dann haben fremde Kräfte keine Macht über mich, dann gehöre ich nicht einem Menschen, der mich besetzen kann.

Cyriakus heilt im Gefängnis blinde Menschen. Das regt den Kaiser an, seine Tochter von ihrem Dämon zu befreien. Besessenheit und Blindheit gehören hier offensichtlich zusammen. Besessenheit macht blind für die wahre Wirklichkeit. Ich sehe alles nur durch die Brille meiner fixen Ideen, meiner trüben Emotionen, meiner Zwänge. Ich kann die Wirklichkeit nicht mehr erkennen, wie sie ist. Besessenheit kann aber auch mit der Vaterbeziehung zusammen hängen. Eine Tochter kann ganz und gar besetzt sein von ihrem Vater. In der Legende ist der Kaiser ihr Vater. Es ist also offensichtlich ein mächtiger Vater, neben dem die Tochter keine Chance hat, ihr eigenes Leben zu leben. Wenn sie Christus gehört, dann gehört sie dem Urheber des Lebens, dem Anführer ins Leben, dann wird Christus sie zum Leben führen. Es gibt heute viele Menschen, die besetzt sind von ihrem Vater oder ihrer Mutter. Sie haben sich nicht von ihrem machtvollen Einfluss gelöst. Da ist ein Mann, der immer noch besetzt ist von seiner Mutter, die ihm den Vater verteufelt hat und ihm daher jede Möglichkeit geraubt hat, seine eigene Männlichkeit zu entfalten. Da ist eine Frau, die sich zwar gegen ihre skrupulöse Mutter gewehrt hat, die aber unbewusst trotzdem von der ängstlichen Enge der Mutter bestimmt wird.

Da ist eine Frau, die immer noch dem Vater hörig ist und ihn bewundert. So ist sie unfähig, eine wirkliche Beziehung zu einem Mann aufzubauen. Da sind Männer und Frauen, die in einer Symbiose mit ihrer Mutter leben und so nicht in Berührung kommen mit ihrem eigenen Sein. Cyriakus ist ein Bild dafür, dass Gott uns befreien möchte von der Besessenheit durch ein negatives Vater- oder Mutterbild. Gott möchte, dass wir unser eigenes Leben leben, dass wir das Bild verwirklichen, das Gott sich von uns gemacht hat. Indem Cyriakus die Tochter des Kaisers tauft, prägt er ihr das Bild Christi ein und befreit sie von den Bildern, die der Vater ihr übergestülpt hat. Wenn uns Christus eingeprägt wird, dann kommen wir in Berührung mit unserem ureigensten und einmaligen Bild, das Gott in uns und durch uns in dieser Welt darstellen möchte.

Quelle: Anselm Grün

Die 14 Nothelfer als Bilder einer christlichen Therapie

VIER-TÜRME-VERLAG MÜNSTERSCHWARZACH

ISBN 3-87868-596-3

 

Inhalt

hl. 14 Nothelfer

Stift Ardagger